Celestial Grave – Secular Flesh
2016 hatten sich Celestial Grave über ihre Demo Burial Ground Trance aus dem Stand heraus in die Herzen vieler Black Metal-Anhänger geprügelt – nur um mit der Pvtrefactio-EP auch ernüchternde Skepsis aufkommen zu lassen. Und nun stoßen sie mit ihrem Debütalbum Secular Flesh erst einmal vor den Kopf.
Zumindest gibt es da einige Punkte, die sich aneinander vorbei ins Zentrum der Aufmerksamkeit drängen zu wollen scheinen. Etwa, dass das EvM Art-Artwork von Secular Flesh wirklich absolut grandios geraten ist. Oder, dass die vier Songs mit einer gesamtspielzeit von 32 Minuten durchaus überraschend knackig ausgelegt sind, Celestial Grave sich im Gegensatz zu Genre-Normen zumindest relativ kurz fassen und sich nicht in ästhetisch überkandidelte Gesten verlieren. (Gleichzeitig hätte dem so stringent und kohärenten Ganzen gerade aufgrund der Kompaktheit gefühltermaßen doch ein zusätzlicher Song nicht geschadet, um die eigenen Stärken wirklich auslaugend auf die Spitze zu treiben – aber sei es drum: So steigt der schwer erfüllende Suchtfaktor).
Vor allem aber ist da die Produktion, die auf den Erstkontakt selbst für Black Metal-Standards geradezu absurd unterirdisch anmutet. Der Schlagzeug klingt da nicht nur LoFi, sondern als hätte man es mit einem Verzerrer noch zusätzlich in einem dumpfen Morast weiter komprimiert, damit alles noch roher, dreckiger und garstiger anmutet. Die Gitarren sägen rauschend darüber, wirken teilweise eher wie Feedback-Tinnitus-Rückstände, die Vocals grummeln verwaschen. Ein Sound, der praktisch als überzeichnete Authentizität funktioniert.
Das kann auf die ersten Durchgänge anstrengen, letztendlich kreiert die Band so aber eine rundum dichte Atmosphäre und imaginative Bösartigkeit. Die unwohl überspannende Stimmung steht dabei durchaus im Kontrast zum eigentlichen Songwriting des finnischen Duos, das präzise Melodien von stattlicher Grandezza evoziert – und sorgt damit durchaus für eine faszinierende Diskrepanz im Auftreten.
Lamentation gönnt sich nur ein kurzes Interlude, bevor die Gitarrenarbeit unter all den Schichten rauer Energie eigentlich verdammt hymnisch blühen, die Harmonien wachsen aus dem Klangmorast in einen finsteren Himmel. Hinten raus stellen sich die Saiten gegen den Strich, schwurbeln als Distortion-Gift, bevor der Titelsong eine fast schon rockige Direktheit mit angriffslustigen Riffs drangsaliert. Die rezitierend-predigenden Vocals fletschen die Zähne, während sich das Szenario episch aufbaut und seine Hysterie Richtung Hexenmond hinausheult. Darf man eigentlich gleichzeitig an Bölzer und Urfaust denken?
Gasping From Lips Of Night könnte jedenfalls im Stadion beginnen, ballert dann aber lieber auf der Überholspur und schiebt massiv drönend fast schon monolithische Riffkaskaden vor sich her, die die Vocals umbarmherzig schleifend beerdigen, bis sich das Tremolo beschwörend erhebt.
Mit Fortdauer wird Secular Flesh immer stärker, weil noch weitreichender und bestimmter in dem, was die Platte tut. Am besten ist deswegen wohl auch das alle Vorzüge von Celestial Grave summierend zusammenfügende Calamitous Love. Hier hämmern die mysteriösen Iron Bonehead-Schützlinge über vielschichtig Texturen im Rausch mit beschwörender Dramatik, regelrecht euphorischer Aggressivität und (trotz wenig variabler Vocals) einem bestechenden Gespür für sich wundervoll auskotzende Melodiekaskaden und strukturelle Haken schlagende, verschobene Dynamiken bis in den triumphal-monolithischen Noise.
Secular Flesh ist damit ein Debüt, dass die hohen Erwartungen auf unorthodoxem, brachial klassischem Wege mit einer rauschhaften Sogwirkung erfüllt, in die man sich phasenweise eskalierend verlieren darf – und trotzdem nur einen Prolog zur wirklichen Größe der Band darstellen könnte.
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