Bush – Man on the Run
„Es ist eine gute Rockplatte„. Das mag für The Voice-Sidekick Gavin Rossdale durchaus so erscheinen. Außerhalb seiner Band wird das sechste Studioalbum seiner wiederbelebten Kombo aber wohl vor allem als bocklangweilige Anbiederung an weichgespülte Alternative Rock-Formatradiosender gehört werden.
Oder genauer: als den gescheiterten Versuch daran. Denn die Intention hinter Songs wie der ersten Single ‚The Only Way Out‚ oder dem billig die Arme ausbreitenden ‚Eye of the Storm‚ lässt sich durchaus erkennen: Rossdale scheint den Landsmännern von Lost Patrol das Feld der pathetisch getragenen Stadionsongs und als Rock getarnten Popnummer für Blockbusterabspänne nicht mehr länger alleine überlassen zu wollen; nur hechelt er seinen Ambitionen (gar nicht unbedingt der direkten Konkurrenz) mit blutleeren Songs ohne packende Momente, inspirierte Riffs oder wirklich große Melodien stets hoffnungslos hinterher. Die wenigen, vage bleibenden Lichtblicke (wie das an sich versöhnliche ‚The Only Way Out‚, das getragene, zu Tode gespielte ‚Surrender‚ oder das zwielichtige ‚Dangerous Love‚) zeigen die richtigen Ansätze für gute Songs, hinterlassen aber letztendlich kaum einen nachhaltigen Eindruck, der über die enttäuschte Momentaufnahme hinausgeht – und verblassen ohnedies gegen eine über endlose 51 Minuten gezogene, belanglos bleibende Ansammlung von rudimentären Melodien und ihr Potential vergeudenden Hooks.
Dem langsam riffenden Titelsong schlafen da etwa rund um seinen eingängigen Refrain förmlich die Füße ein, ‚The Gift‚ fehlen abseits seines Tempo anziehenden Refrains jedwede zündende Geistesblitze. ‚Bodies In Motion‘ versucht ebenfalls aufs Gaspedal zu steigen, verzettelt sich aber wie jeder Song mit seiner allzu elaborierten Spielzeit für einen zu begrenzten Ideenpool. ‚Broken in Paradise‚ muss sich nicht zwischen käsigem Schmalztiegel oder Beverly Hills 90210 entscheiden und attackiert deswegen wie vieles hier die Nerven mit seinen enervierend ausführlich repetierten Strukturen: alleine die Songs zu straffen hätte der Platte so sehr in die Karten gespielt.
Dass Nick Raskulinecz ‚Man on the Run‚ im Studio von Dave Grohl einen beinahe individuellen Sound verpasst hat, hilft da auch nur wenig. Weil er einerseits all die absolut unnötigen, wahllos aus der Effektkiste gepackten Elektronik-Sprengseln (Rossdale hält dies übrigens für EDM-Ansätze), die ‚Man in The Run‚ nun absolut willkürlich durchziehen, durchgewunken hat, und andererseits den überproduzierten Vocalspuren jegliche Kanten und Emotionalität genommen hat und die First World Problem-Lyrics dadurch noch banaler erscheinen lässt.
Wenn Rossdale dazu auch noch in die lyrische Plattitüdenkiste greift („Why does it always rain on Mondays/ for me„) oder die beeindruckend sinnlose Reime-Brechstange auspackt („She’s broken in paradise/ The furniture is so nice„) gehört es fast schon zu den besseren Ideen, wenn ‚Loneliness Is A Killer‚ relativ schamlos bei Soundgardens ‚Loud Love‚ (oder doch eher dem eigenen ‚A Tendency to Start Fires‚?) klaut, ändert aber am Grundproblem wenig: das Pop-Element im Songwriting funktioniert nur beiläufig und unverbindlich, der Rock rockt einfach nicht: das sechste Studioalbum der Band baut zu keinem Zeitpunkt Druck auf, plätschert um reichlich Füllmaterial gefällig bis zum Ärgernis um einige wenige, bestenfalls solide Handwerksdokumente als Lichtblicke, und lässt glattgeschliffen und satt in seiner Austauschbarkeit jedwede Seele vermissen.
Zumindest bleiben Bush konsequent: am Pledge-Grabbeltisch verlangt man 1616 Euro für die handgeschriebenen Lyrics alter Hits, während die neuen Texte vergleichsweise billig den Besitzer wechseln, während sich die Band das Meet & Greet fürstlich entlohnen lässt und die Abwärtsspirale ihrer Discography zumindest auf anhaltendem Niveau bestätigt. Ob ‚Man on the Run‚ dabei wirklich schlechter ist als ‚The Sea of Memories‚ lässt sich gar nicht unbedingt mit Sicherheit feststellen. In seiner Belanglosigkeit wirkt das zweite Album der Band nach ihrem Comeback aber noch unnötiger.
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