Bryan Ferry – Live at the Royal Albert Hall 2020
Ein Jahr nach dem geschichtsträchtigen Mitschnitt aus dem Jahr 1974 legt Bryan Ferry ein aktueller aufgenommenes Konzertalbum aus der selben Location vor: Live at the Royal Albert Hall 2020.
Dass Ferry veröffentlichungstechnisch einen 36 Jahre überspringenden Rutsch durch die Zeit unternimmt, hat einen guten Grund: Alle Einnahmen von Live at the Royal Albert Hall 2020 gehen an seine Band und Crew, die ohne den Verdienst bei Konzerten freilich schon finanziell erfreulichere Zeiten erlebt haben dürften.
Abseits davon erweisen sich die (vorerst?) Webshop-exklusiven 68 Minuten allerdings auch für den Konsumenten als feine Angelegenheit, wenngleich natürlich eher für den loyalen Fan als sporadisch am Schaffen von Ferry flanierenden Gelegenheitshörer: Die größten Über-Hits werden abseits von beispielsweise Avalon oder Virginia Plain ausgespart, dafür gibt es einige relativ exklusive Darbietungen und weniger prominente Schönheiten aus dem eleganten Solo-Schaffen der 75 jährigen Ikone neben zahlreichen Roxy Music-Nummern und vielen Coversongs.
Stichwort Songauswahl: Die ist mit einem Blick auf die Setlisten der beiden mitgeschnittenen Abende nicht vollständig. Vom 11. März 2020 fehlen Like a Hurrican (Neil Young), Love is the Drug (Roxy Music), A Hard Rain’s A-Gonna Fall (Bob Dylan) sowie die Zugabennummen Let’s Stick Together (Wilbert Harrison) und The In Crowd. Letzteren gab es an sich auch zwei Tage später zu hören – wie die sonst noch gespielten Nummern Slave to Love, Like a Hurricane und John Lennon’s Jealous Guy fehlt die Dobie Gray-Komposition allerdings. Schade.
Weswegen es eine (mutmaßlich aus Glasgow stammende) Liveversion von Sign of the Times als digitalen Bonustrack gibt, oder Hiroshima… auf der Tracklist als Hiroshima Mon Amour gelistet (aber definitiv die Frantic-Nummer und kein Ultravox-Cover) ist, ist aber noch mysteriöser.
Sei es, wie es sei: Grundlegend macht Live at the Royal Albert Hall 2020 nichts falsch und liefert exakt entlang der Erwartungshaltung ab: Der Sound ist okay, die (auf einem reichhaltigen Instrumenten-Portfolio aufgebaute) Performance überzeugt trotz eines gesanglich doch etwas dünner gewordenen Ferry, die Stimmung passt und dreht hinten raus sogar beinahe ansteckend auf. Insofern: Eine wirklich runde Angelegenheit – für Fans.
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