Bruce Soord – All This Will Be Yours
Feingeistiger Pop mit progressiver Schlagseite, verträumt-aufgeräumtem Instrumentarium und wundervoll medidativen Melodien: Pineapple Thief-Boss Bruce Soord baut für All This Will Be Yours auf den Versprechen auf, die er mit seinem selbstbetitelten Solodebüt 2015 gab.
Wenn Dissolution (2018) gewissermaßen die Fortsetzung zu Your Wilderness (2016) darstellt, ist (das so unendlich assoziativ betitelte) All This Will Be Yours eine ausführlichere Betrachtung von Bruce Soord – mit dem Unterschied, dass Soord im Alleingang den zu selbstgefälligen Eindruck, den seine Stammband zuletzt ein wenig als routinierte Nabelschau absolvierte, doch umgeht.
Zwar muss sich das Songwriting des Briten auch auf dieser Veröffentlichungsspielwiese den Vorwurf gefallen lassen zu wenig Mut für das spannungsgeladene Momentum zu forcieren und nicht an den Punkt zu finden, an dem die Dinge zwingend überwältigen können. Allerdings fühlt sich All This Will Be Yours als natürlicher Evolutionsprozess in seiner von Haus aus ruhigen und in sich gekehrten Nachdenklichkeit derart komponiert doch absolut rund an.
Das Soord das Wesen des Vorgängeralbums zudem in Nuancen und Feinheiten durch immer wieder artifizielle Produktionsmuster wachsen lässt, verleiht den 41 Minuten dann eben auch noch durchaus eine ambitionierte Bescheidenheit, die der Ästhetik und der Substanz ohne Prog-Muskeln gut tut.
Meist bilden nur diese weiche Stimme und eine fürsorgliche Akustikgitarre den Boden, leise unterfütterte Elektronik bereichert das behände Instrumentarium in der sanft anziehenden Atmosphäre. Gerade eingangs bezaubern das wundervoll blühende Our Gravest Threat Apart oder das wie eine lange vergessene Erinnerung tröstende The Solitary Path of a Convicted Man grandios, während der Titelsong als exzellenter, liebenswert-unbekümmerter Pop im behutsamen Streicher-Wellengang eine Fläche liefert, um live noch weiter in den auslaufenden Exzess aufbauen zu können – hier flaniert Soord hingegen neugierig.
Das liebenswerte Time Does Not Exist wird mit dramatischem Score-Unterton zu jazzig vertrackten Besen-Drums geführt und One Misstep lässt Synthies zumindest als dräuenden Unterton zu – You Hear the Voices verstärkt diese als Höhepunkt sogar noch, pumpt abgedämpft und kippt in krautig pulsierende Elektronik.
Bis dorthin beschreitet das geschlossene All This Will Be Yours einen schönen Spannungsbogen, kreiert eine gedankenverlorene Stimmung. Schade insofern, dass der Ausklang der Platte vergleichsweise abfällt, indem Cut the Flowers eher aufgrund seiner postindustrialistischen Texturen interessant ist, kompositorisch aber zielos mäandert und One Day I Will Leave You nett, aber kaum nachhaltig unter die Haut gehend streichelt. Man kann sich imaginativ hier nicht mehr derart weich in den Kosmos von Soord verlieren.
Selbst diese Nummern sind dennoch angenehm zu konsumieren, sie nehmen wohlig in ihre Arme, ohne dabei wie jüngst Pineapple Tree den Eindruck einer latenten Frustration zu vermitteln, weil mehr möglich sein hätte müssen. All This Will Be Yours funktioniert wie nebensächlicher Balsam in seiner Wohlfühlzone, emotionstechnisch distanzlos – was irgendwie sogar noch schöner ist als der subtile Fakt, dass Soord seine Alleingänge aktuell fast sehnlicher erwarten lässt, als die zuverlässige Klasse seiner Band.
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