Broken Bells – After the Disco
The Shins-Kopf James Mercer und Alleskönner Danger Mouse katapultieren ihre unverbindlichen Songs phasenweise in die späten 70er und frühen 80er – Bee Gees-Verbeugung inklusive – treiben generell aber weiterhin angenehm konsumierbar durchs Lazy Popwonderland.
So sehr Disco wie der Albumtitel suggeriert ist das Zweitwerk des Indiesongwriters und der Produzentengröße letztendlich gar nicht geworden. Da können die Rhythmen im Titeltrack noch so neongrell auf die Tanzfläche drängen um im vorausgeschickten ‚Holding On For Life‚ in Schlaghosen den in kastrierte Höhen geschraubten Gibb’schen Falsettgesang anstimmen (klängen so seriöse Hot Chip?), treibende Bassläufe überall Hand in Hand mit den bewegungsfördernden Drums als festes Rhythmusgerüst die Grundfeste für alle Songs bilden, die schwerelosen Synthies vor die Gitarren stellen: letztendlich ist das der selbe Pop wie auf dem Vorgänger von 2010 – nur eben weniger auf herausragende Übersongs neben viel Füllmaterial setzend, sondern vielmehr durchwegs solider agierend, dazu eben mit leicht veränderten Präferenzen in Szene gesetzt.
Das gerät manchmal derart unbeschwert und anmutig wie im losgelösten ‚Lazy Wonderland‚; lehnt sich ausgerechnet in ‚Medicine‚ mit seiner abgründigen Postpunkgitarre an The Cure an, im langen ‚Perfect World‚ hingegen irgendwann an die glitzernden Stadionatmosphäre von Coldplay; verführt in ‚The Angel And The Fool‚ mit einer vergleichbaren Zurückgenommenheit, während ‚Control‚ doch überraschend selbstsicher unmittelbar in die Charts stampft. Im launigen Schlusspunkt ‚The Remains Of Rock & Roll‚ führen Broken Bells noch einmal fein aufgefädelt noch einmal vor was auf ‚After the Disco‚ sonst noch so alles passiert ist: elegische Daniele Luppi-Streicher, gedankenverlorene Ennio Morricone-Pfeifer, anmutige Chöre, leichte Gitarrensolos, getragener Schönklang und flotter Indiepop.
Das Duo Mercer/Bunton operiert wie geschmiert, interagiert nahtlos und mag die Arbeitsbereichteilung der beiden auch weniger konkret sein als das Außenstehende wahrhaben wollen, hört man die mutmaßlichen jeweiligen Aufgabengebiete klar: die typisch soulig volle Danger Mouse-Produktion, die jedes Projekt des 36 (unangenehm) Interpretenunabhängig prägt – ‚No Matter What You’re Told‚ hantiert etwa über Gebühr mit durchsichtig nervenden Melodien, alleine ‚Leave it Alone‚ könnte hinsichtlich Text und Melodieführung mit marginalen Änderungen beinahe blind in die letzten Platten von Portugal.The Man oder The Black Keys transferiert werden – Broken Bells haben aber den Vorteil, dass Mercer die bluesige Sache nicht übertrieben inbrünstig angeht.
Das hochgradig Eingängige, das hat Mercer natürlich immer noch anstandslos drauf, liefert Ohrwürmer ohne Anstrengung und nistet sich mit all seinen Melodien unverbindlich und geradezu beiläufig in den Gehörgängen ein, befindet sich jedoch auch weiterhin im seit ‚Wincing the Night Away‚ anhaltenden Teufelskreis: Mercer agiert mittlerweile (und vor allem in Zusammenarbeit mit Burton) im Autopilot und eher als zuverlässiger Handwerker, liefert zielsicher ab, lässt aber die sprichwörtliche Magie der jungen Shins schlichtweg vermissen. ‚After The Disco‚ ist phasenweise ein zwiespältiges Paradoxon aus ambitionierter Weiterentwicklung und routinierter Fließbandarbeit geworden, wo Kunst in erster Linie bedeutet, diese derart makellos ausstaffiert produzieren zu können. Sicherlich ein feines Popalbum für den Augenblick, bei dem allerdings schon jetzt die Gewissheit mitschwingt, dass ‚After the Disco‚ ähnlich schnell und wenig nachhaltig ins Regal wandern dürfte wie ‚Broken Bells‚ von 2010.
[amazon_link id=“B00GH0QOJ8″ target=“_blank“ ]Vinyl LP auf Amazon[/amazon_link] | [amazon_link id=“B00HFG3U90″ target=“_blank“ ]CD auf Amazon[/amazon_link] | [amazon_link id=“B00I51JK52″ target=“_blank“ ]MP3 Download auf Amazon[/amazon_link]
1 Trackback