Brian Fallon – Local Honey

von am 30. März 2020 in Album

Brian Fallon – Local Honey

Auf gerade einmal 30 Minuten Spielzeit destilliert Brian Fallon seine bisher konsequenteste Abkehr vom Punkrock: Local Honey ist eine bescheidene Americana-Platte ohne Blendwerk geworden.

Mit dieser scheitert Fallon zwar am höchstens unterstellten Versuch, sein eigenes Nebraska abzuliefern, überzeugt aber mit einer soliden Handwerkskunst und souveränen Routine, die die Stärken des 40 Jährigen über acht unaufdringliche, ja auch unscheinbare Singer-Songwriter-Kleinode in vornehmlich Acoustic-Form und unpompösem Americana-Gestus artikulieren.
Gleich When You’re Ready übersetzt typische Gaslight Anthem-Trademarks tröstend und fürsorglich an das Lagerfeuer, lässt das vorsichtige Schlagzeug nur sanft treiben, fügt ein paar Klaviernoten und ruhig heulende Saiten hinzu, so dass das reduziert auftretende Ergebnis weniger wie eine verblassende Erinnerung an früher anmutet, als viel mehr eine subversive Aufbruchstimmung für den Augenblick erzeugen kann.

Mit wenigen Modifikationen hätte Fallon also problemlos in alte Muster verfallen können. Anstelle der Hymnen pflegt der zweifache Familienvater nun jedoch eine sanftmütige Einkehr, zieht die Gemütlichkeit dem Sturm und Drang klar vor, variiert die Dynamik im Detail und ohne Verzerrer. Und natürlich kann er, was er tut, auch wenn das Ergebnis bisweilen betont unspektakulär und gleichförmig ausgefallen ist, wohl auch keinen Wert darauf legt, das Klientel seiner Stammband wie auf den beiden Vorgängern Painkillers und Sleepwalkers notwendigerweise noch abholen zu wollen.
Was auch an der schnörkellosen Produktion von Peter Katis liegt, die niemals vom Wesentlichen abgelenkt ist. Local Honey sucht keine große Bandbreite oder Varianz, keine oppulenten Dramen, sondern bleibt meistens erfreulich sparsam inszeniert. Wenn für 21 Days ein Drumcomputer und ein schüchtern zum Stadionhimmel gestikulierender, sphärischer Sound dem MO Geleit geben, dann das in seiner Formatradio-Anbiederung deswegen auch einerseits der schwächste Moment der Platte, andererseits aber vor allem auch schon das Maximum an abweichender Amplitude vom gefälligen Standard.

Dass dieser auf Local Honey weitestgehend eher durch Atmosphäre und Ästhetik aufzeigt, selten aber durch eine aufrüttelnde Intensität der Kompositionen an sich, geschweige denn der entspannten Performance, geht durchaus in Ordnung. Viele Szenen bleiben entlang etwas stärker gesetzter Akzente und Konturen ohnedies hängen, ohne zwingende Verbindlichkeiten zu fordern.
Die popkulturelle Verankerung des imaginative Bilder zeichnenden, traurig-tröstenden Storytellings Vincent etwa; die als minimalistische The National-Anlehnung dösende Bagatelle I Don’t Mind if I’m With You oder das bis zu seinem ebenso assoziierten Final-Drive durch den rüttelnden Rhythmus beliebig und belanglos bleibenden Horses; das schunkelnde Lonely for You hat dafür einen wunderbaren Refrain und Hard Feelings eine zeitlos entschleunigte Anmut, während You Have Stolen My Heart erst  Heaven von Bryan Adams paraphrasiert und auf dieser Grundlage ein erhebendes Szenario zeichnet.
Fallon kann so ganz in seiner unkonkreten Nostalgie und leisen Sehnsucht aufgehen, Zukunfts-Melancholie und Jersey-Romantik auch im Alltag finden, wenn sein drittes Soloalbum gerade durch die kompakte Spielzeit trotz der einen oder anderen Länge um das Quäntchen eher wärmend, angenehm und heimelig einlädt, als in geschmackvoller Langeweile zu plätschern.

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