Bowerbirds – becalmyounglovers
Drei absolut bezaubernde Kleinode des stets ein wenig schrulligen Folk haben Philip Moore (vocals, guitar), Beth Tacular (accordion, vocals) und Mark Paulson (violin, vocals) zwischen 2007 und 2012 als Bowerbirds veröffentlicht. Nun reaktiviert Moore das Bandbanner für das Quasi-Solo-Comeback becalmyoun
Seit The Clearing vor knapp neun Jahren erschien, hat sich einiges geändert für Moore. Er und Tacular gingen eine Beziehung ein und bekamen ein Kind; die Beziehung zerbrach jedoch – und mit ihr auch die Band Bowerbirds.
Dass Moore von der etablierten Spielwiese nach gebührendem Abstand nicht lassen kann, ist derweil schon nachvollziehbar: wann immer man den vermeintlichen Nachlass des Trios aus North Carolinas seit 2012 begegnete – gerade Material des mitunter beinahe magischen Debüts Hymns for a Dark Horse betreffend – merkte man erst, wie sehr man die Bowerbirds doch vermisst. Dass die Wiederbelebung seit 2020 in Form kleiner Happen weitestgehend abseits der öffentlichen Wahrnehmung von statten ging, passt da als logische Konsequenz irgendwo aber auch zur gefühlt stets abseits des breiten Radars stattfindenden Geschichte der (Nun-Nicht-Mehr-)Gruppe.
Daran wird nun übrigens wohl auch becalmyounglovers eher wenig ändern, auch wenn Moore die wohl zugänglichsten und griffigsten Nummern geschrieben hat, die je unter dem Banner der Laubenvögel erschienen.
Man nehme nur gleich den Opener SBSF her, in dem ein munter nach vorne gehend Rhythmus oszillierende, entfernt gar mathematisch in die weichen Melodien gezirkelten Gitarren begleitet, exemplarisch nicht auf weibliche Gesangs-Begleitung verzichtet und beschwingt zu einem Solo findet, das seine Classic-Tendenzen beinahe Dire Straits-artig knödelt. The Party flirtet als konventionellster Song straighter und poppiger mit Americana- und Heartland-Annäherung. Can U Beleeb ist mit wuchtigen Drums und einer elektrifiziertem Gitarre wohl der Rocksong im Kontext und das muntere Treasure benutzt seine Backingchöre wie Sufjan Stevens, eilt vorneweg der Nostalgie Richtung Horizont fort.
Darüber hinaus knüpft das vierte Studioalbum aber auch relativ nahtlos an seine drei Vorgänger an, nicht nur wenn Pennies still und entschleunigt gezupft eine intime Introspektive bietet, die Harmonien und Arrangements eine so sanft tröstende Anmut in der Traurigkeit finden und Moon Phase klingt mit seinem patentierten Trademark-Gitarrenspiel, dem nie straight gedachten Schlagzeug sowieso wie ein alter Bekannter – inklusive angedeuteter Country-Fidel.
Gemeinsam mit unter anderem Bon Iver-Drummer Matt McCaughan, Multi-Instrumentalist Alex Bingham (Hiss Golden Messenger) sowie Sängerin Libby Rodenbough (Mipso) als Erfüllungsgehilfen rekonstruiert Moore den Sound des ursprünglichen Trios trotz etwaiger Adaptionen nämlich durchaus nahtlos – auch, wenn sich eben der besondere Zauber, der mit Tacular und Paulson beschworen wurde, in dieser Konstellation nicht entstehen will.
Mit einem immer auch ein bisschen optimistischer tendierenden Schwermut, zumindest mit klarerem Blick auf die schöpfbare Hoffnung in den eigenen poetischen Reflektionen, ist die Griffigkeit, die Präsenz, das Momentum und auch das Songwriting ganz allgemein so ausgelegt, als würde die Musik zwar kein Problem damit haben, weiterhin zurückhaltend zu sein, wolle dabei aber auf keinen Fall mehr unscheinbar sein.
Seems Impossible schiebt sich so im Stakkato wälzend, schunkelt aber mit gelöster Stimmung schippernd, stackst angetrieben durch ein jazzige allgegenwärtiges Schlagzeug. Das bluesige The Rules wirkt subversiv umständlich und trotzdem sofort eingängig, alleine der Chorus will unbedingt ins Ohr, während das liebenswürdig rumpelige Revel Revel mit Schraffuren wie eine Dirty Projectors-Reminiszenz agiert. All This Rain gönnt sich als entschleunigte Klavierballade und Herzstück ausnahmsweise ein Jon Hopkins‘eskes Tasteninstrumente als formoffen und unwirklich tröpfelnde Einkehr.
Gemeinsam und trotzdem ein bisschen alleine agierend verwundert es also nicht, dass Moore sich auf becalmyounglovers vor allem darauf besinnt, zu untersuchen, was passiert, wenn junge Liebe zu verschwinden beginnt – auch wenn ihm im Finale ein wenig der Zugriff entgleitet, die letzten Meter der Platte weniger nachhaltig und erinnerungswürdig ausgefallen sind (es mit Fanbrille aber zwischen den Punkten liegend doch für die Aufwertung reicht). Sweet Dissonance ist als Wehmut am Jack Johnson-Lagerfeuer Kurz und flüchtig, in Every Life bleibt das Schlagzeug zwar stringent, Moore mäandert jedoch durch schillernde Synthieschwaden und entlässt in der Luft hängend. Aber spätestens hier weiß er: „Nothing lasts forever“. Und dass das manchmal traurig ist; manchmal gut so; und manchmal ein guter Grund, trotzdem weiterzumachen.
Kommentieren