Boundaries – Death is a Little More
Mit Death is a Little More, ihrem dritten Studioalbum seit 2020, werden Boundaries in den Ohren verdammt vieler Szene-Fans um den Titel des besten Metalcore-Langspieler des Jahres mitkämpfen können.
Was schon nachvollziehbar ist – immerhin ist das Quintett aus Hartford eine winzige Kompetenz-Attacke, wenn es um knüppeldicke Prügel geht – doch muss man diese Meinung bei einem grundlegenden Problem mit dem MO der Band trotzdem nicht in letzter Konsequenz teilen. Denn wo cleane Vocals subjektiv generell ein leidlich notwendiges, zumeist bemüht konstruiert eingefügtes Melodram am Minenfeld der Brutalität darstellen, laufen auch Boundaries in den mit Pathos gesungenen Passagen von Death is a Little More Gefahr, sich mit einer gar cheesy daherkommenden Tendenz zu verrenken.
Der solide eingeflochtener Pathos untergräbt so etwa beinahe allem finsteren Hass im ansonsten bestechend drangsalierenden Malstrom Darkness Shared, während die flehende Emo-Geste von Easily Erased bei aller Ambivalenz immer noch nicht auf das Over-the-Top-Intro von Cursed to Remember (Marke: Funeral for a Friend vor ihrem ersten Album als Artist in the Ambulance) vorbereitet – zugegeben aber auch nicht auf das überraschende Outro in der Dark Ambient-Elektronik als stimmige Facette.
Dennoch gelingt es Boundaries selbst in diesen Szenen zugegebenermaßen runder als bisher oft, den Auslagenwechsel in das melodisch anbiedernde Extrem anzupeilen. Mehr noch: hinten raus flicht Death is a Little More die polarisierenden Passagen sogar beinahe zufriedenstellend ein, wenn die Stakkato-Provokation Scars on a Soul mit Alternative Rock-Gitarren zum Punkrock schielt – die Dosis passt hier, nur wirkt es formelhaft strukturiert, dass Boundaries die massentauglichen Refrains stets zweimal anbieten müssen -, Blame’s Burden klassischen Heavy Metal und Synthies einbindet, um mit Marcus Vik auf die balladesk schmachtende Kotrast-Bremse zu treten, oder Inhale the Grief hymnische Tendenzen stimmig bis zum versöhnlichen Ausklang addiert.
Dennoch bleibt dabei stets das Gefühl zurück, dass Boundaries mit den cleanen Sequenzen an ihren eigentlichen Stärken vorbei arbeiten oder zumindest ihre Basis verwässern – ungefähr wie ein MMA-Fighter, der, anstatt seinen Gegner in letzter Konsequenz fertigmacht, lieber ein paar redundante Pirouetten dreht.
Was noch einmal dadurch zusätzlich unterstrichen wird, dass jene Passagen von Death is a Little More, in denen sich die Verehrer der Göttlichen Komödie jedwede melodische Penetranz verkneifen und die unbarmherzigen Berserker geben, umso eindringlicher funktionieren.
Da galoppiert die schizoide Panik von Turning Hate Into Rage mit tonnenschweren Riffs und nihilistischen Nails’esken Texten zur Beatdown-Walze, gibt Like Petals From a Stem das grindig wirbelnder Inferno mit Hang zur tektonischen Heaviness, paniert das Titelstück mit rasendem Speed, röhrenden Gitarren und kitschig abhebendem Solo zur Doppelspitze, oder will A Pale Light Lingers gar keinen Originalitätspreis, weil die unerbittliche Härtender Band so verdammt dringlich packend am Rand der Amplituen des Nachlasses von Misery Signals balanciert, um sich dann aber für keifende Gemeinheit von Lochie Keogh zu entscheiden und gleich noch den Remix-Strudel kurz vor Relapses auspackt.
Face the Blade variiert die Dynamik der Abrissbirne rezitierend und Blood Soaked Salvation verschwendet die zusätzliche Zerstörungskraft von Matt Honeycutt zwar ein bisschen im Mix, zündet aber dennoch als unberechenbar Gemetzel, an dem sich vieles aus der Szene messen lassen muß. Dass bei der Rezeptur von Boundaries einige Zutaten im Spiel bleiben, die einem persönlich weiterhin sauer aufstoßen können, ist eben wahrlich nicht das Problem von Death is a Little More.
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