Boris & Uniform – Bright New Disease
Die Songs von Bright New Disease heißen nicht umsonst No oder Not Surprised: Boris und Uniform nehmen schließlich das 2020er-Wahnsinnsalbum der japanischen Institution als Grundlage für ihre selten aus der Erwartungshaltung ausbrechende Kooperation – doch lässt sich der Metal nicht immer in kompakte Angriffe bündeln.
Seit der Pandemie in langen Online-Korrespondenzen entstanden, ist es wohl kein Wunder, das weite Strecken, und gerade die Eingangsphase von Bright New Disease, wie ein, durch das Mitwirken von Uniform nur leidlich phasenverschobener, später geborener Zwilling der keine World Tour abgeworfen habenden Vorlage anmutet: alleine schon No ginge als räudige Symbiose aus Grind- und Hardcore mit harsch übereinander herfallender Proberaum-Attitüde schmutzig kloppend ohne bedenken als verspätet nachgereichter Titelsong von No durch.
In You Are the Beginning schreit die Achse aus Tokyo und New York ähnlich geartet über einem doomigen Hardcore-Riff vor Katharsis, schlenzt den Noise Rock zu heulenden Saiten, während der Tritt auf das Gaspedal zum Thrash galoppiert. Und Weaponized Grief brüllt über dissonanten Feedback-Kakophonien, derweil das Gespann wie später im heavy solierenden Endless Death Agony immer wieder manisch gen Pig Destroyer-samt-D-Beat wegzurasen beginnt: aggressive, kurze Ventile mit viel Energie und schweißtreibender Pit-Schlagkraft – aber im Kontext der beiden Beteiligten Kombos (und gerade mit No als Messlatte) auch einen „nur“ verdammt solide (weil nicht harmlos, aber relativ risikofrei – schonungslos, aber nicht radikal) auf die Tube pressenden Eindruck vermittelnd; kaum überraschend, gewissermaßen.
Faszinierender sind insofern jene Songs der Platte, um die das abschließende Not Surprised (als schleppender, sludgy Doom-Drone aus der Feedback Hölle und sich kasteiend schleppendes Martyrium, das über dem Abgrund des dystopischen Terrors im Retrofuturismus eine, in ihrer destruktiven Ader verwurzelt bleibende, epische Auflösung skizziert) gewissermaßen eine zum Horizont blickende Schleife zieht: jene Momente, in denen Boris weiter weg von No, und dafür wechselwirkender mit den Vorzügen von Uniform kommunizieren, um wie ein Katalysator zu agieren.
The Look Is a Flame ist so eine gespenstisch-avantgardistisch am Noise-Ambient schlenkernde Kontemplation, ein verflucht schwelgendes Geflecht aus strukturoffen die Melodie geißelnden Facetten, derweil The Sinners of Hell als kultisch in Zeitlupe pulsierender Tempel-Drone über die Düsternis aus Synths Richtung Altar durchatmet.
Noch eigenwilliger im Eklektizismus: Narcotic Shadow als dunkler Neon-Apokalypse-Rhythmus des 80er-Darkwave (quasi als hätte Carpenter Brut Ulver zum Noiserock eingeladen?) sowie das relaxt über seinem Verstärker-Meer mit Handclaps schwofende Tänzeln A Man From the Earth (quasi eine unter Sedativa stehende Industrial-Shoegaze-Party-
Mehr noch als in der Synergie der gemeinsamen, so frontal wie brachial angelegten Abrisse, zeigen Boris und Uniform in diesen tiefenwirksamenen, wunderbar texturierten Grenzerforschungen (ohne wirklich Neuland zu entdecken) eine kooperative Harmonie, die nahelegt, dass die Leistungsgrenzen dieser Zusammenarbeit auf Bright New Disease noch nicht erreicht sind.
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