Boris / Joe Volk – Split EP

von am 3. November 2012 in EP

Boris / Joe Volk – Split EP

This split album is a juxtaposition of styles from the same mindset. One story told two ways.“ Das lange vorbereitete Gipfeltreffen zwischen Englands übersehendstem Singer-Songwriter und Japans Königen zwischen allem, was von Doom über Drone bis ‚Heavy Rock‚ möglich ist, ist beinahe der erwartete Geniestreich geworden.

Der kleine Schönheitsfehler ist nur ein solcher, wenn man die letzten vier Minuten nicht als zusätzlichen Anhang sieht, sondern als vollwertigen Baustein: Joe Volk liefert als dritte Nummer bloß einen um knapp 70 Sekunden gekürzten Radio-Edit des einleitenden ‚Call to Sun‚ ab. Das ist nicht schlecht, aber eben auch nicht nötig, der Hunger auf neues Material nach ‚Derwant Water Saints bleibt ungestillt. Insofern hängt den vierzehn von Joe Volk veranschlagten Minuten auch etwas unerfülltes nach. Zumal man meinen würde, dass Volk nach seinem Ausstieg bei Crippled Black Phoenix momentan genug Zeit für neue Songs haben sollte, der Keim dieser Split-Single bereits vor Jahren gesät wurde: seit dem 2007 von Portishead kuratierten Nightmare before Christmas dehnt sich die Freundschaft mit Kooperationsgedanken zwischen dem Mann aus Bristol sowie den Alleskönnern aus Tokyo nun schon.

Gut Ding braucht aber eben Weile. Nicht unbedingt bei den rasanten Vielveröffentlichern Boris, die nach dem letztjährigen Doppelschlag bereits wieder eifrig mit neuem Material um sich werfen: diesmal darf es gar eine dreiteilige Suite sein: ‚Cosmos‚ spannt sich in Summe über eine bekömmliche Viertelstunde und erlebt seinen eruptiven Höhepunkt dramatisch im Mittelteil. Takeshi nähert sich hier anfangs noch zaghaft einer einsamen Gitarrenlinie, ehe das Inferno aus martialischen Drums und dröhnenden Gitarrenwänden losbricht. Das Monstrum geht dabei nie den direktesten Weg sondern schlängelt sich verspult und verspielt um zahlreiche Ecken und Enden – Heavy Prog-Rock von Outer Space, mit Boris-Qualitatssiegel. Weitaus ruhiger, angepasst an die wärmende Nähe von Joe Volks Songs das drumherum: ‚Cosmos Part 1‚ baut auf ätherischen Beckenschlag-Wellen und unergründlichen Sprachsamples ein nebulöses Synthie-Wabbern mit betörender Sogwirkung: ein Ambient-Track. ‚Part 3‚ geht in eine ähnliche Richtung, versteckt seine anmutige Melodie unter lichten Soundflächen, arbeitet diese jedoch irgendwann doch in den Vordergrund und treibt so in die Gegend, wo Boris auch das Glanzstück ‚Flood‚ verankert haben.

Ebenso bei seinen, wenn auch klarer abgegrenzten, Leisten bleibt Joe Volk. ‚Call to Sun‚ gönnt sich im Gegensatz zu seinem Appendix ein reitendes Schlagzeug-Finale, welches sich im brillant vielschichtig produzierten Mix behände andeutet, aber lange Zeit nur von ganz unten heraus das filigrane Konstrukt aus tieftraurigen Streichen, einer prominenten Akustikgitarre und natürlich Volks Ausnahmestimme wärmt. Das ist verletzlich, intim, trostspendend, schlicht ergreifend und wunderschön. Wahrscheinlich ist tatsächlich etwas dran, wenn man Crippled Black Phoenix unterstellt, mit Justin Greaves zwar weiterhin das Hirn der Band an Bord, mit Joe Volk aber die Seele verloren zu haben. ‚Finland‚ unterstreicht die Songwriter-Qualitäten des als ehemaliger Gonga-Mitstreiter eigentlich ohnedies als Boris-Kumpane prädestinierten Barden auch abseits gesanglicher Qualitäten, ist wie ein Großteil der hier ausgestellten Musik rein Instrumental und dabei genau jene Art eindringlich zelebriertes, intim-majestätisch reduziertes Stück Wohlklang mit Schattenseite geworden, das man dereinst in eisigen Nächten an Lagerfeuern in der Prärie rund um Twin Peaks gehört haben muss. Wie alles hier konstant brillant und souverän die Erwartungshaltungen erfüllend, Fanherzen schlagen höher.

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3 KommentareKommentieren

  • Lazarus - 18. Dezember 2012 Antworten

    Echt toll geschrieben. Ich bin Fan beider Künstler und schon ziemlich gespannt wie die Split so auf mich wirken wird. Der Joe Volk Song ist schonmal super.
    Ich möchte nur noch anmerken, dass Boris letztjahr drei neue Alben veröffentlicht haben und nicht zwei. Heavy Rocks war kein rerelease. 😉

  • Lazarus - 18. Dezember 2012 Antworten

    … sorry, ich meinte du hast „New Album“ vergessen.

  • Oliver - 18. Dezember 2012 Antworten

    Stimmt , drei Alben waren es – ‚New Album‘ vergesse ich immer, weil ich es als Best-of Compilation aus ‚Attention Please‘, der zweiten ‚Heavy Rocks‘ und ‚Japanese Heavy Rock Hits‘ abgespeichert habe….natürlich ein Fehler! Danke für die Richtigstellung! 🙂

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