Bon Iver – SABLE,
Justin Vernon behält zwar titeltechnisch seiner Neigung für exzentrische Namengebungen – und vor allem den Einsatz von Beistrichen – bei, führt Bon Iver mit der EP SABLE, aber so nahe an die Wurzeln des Projekts zurück, wie man es ehrlicherweise nicht mehr für möglich gehalten hätte.
Sable, nimmt nach seinem wenige Sekunden dauernden Feedback-Intro … gefühlsmäßig unmittelbar mit zu jener Blockhütte in Wisconsin, in das sich Vernon vor rund 18 Jahren zurückzog, um For Emma, Forever Ago aufzunehmen – trotz des Mitwirkens alter Kumpels wie Greg Leisz, Rob Moose, Michael Lewis, Trever Hagen sowie Produzent Jim-E Stack bleibt die Palette hier über 12 Minuten nun ähnlich wie damals weitestgehend beschränkt auf eine einfühlsame Stimme und intim begleitendes Akustikgitarrenspiel.
THINGS BEHIND THINGS BEHIND THINGS ist ein aus der Einsamkeit geborener, universelle Wahrheiten suchender winterlicher Folk mit dezent schlapfendem Beat im Untergrund. Kristalline Arrangements deuten sinfonische Tendenzen und die Pedal Steel eine Nähe zum Americana zumindest an – man kann sich zumindest förmlich vorstellen, dass die Nummer auch mit einem Chor angereichert hätte werden können. Was auch später für die soulig auf und ab gehend Zeitlupe AWARDS SEASON gilt, die sich mit einem orgelnden Gospel-Teppich und hingebungsvollen 2011er-Saxofon belohnt. In THINGS BEHIND THINGS BEHIND THINGS bleiben Vernon und seine Leute dagegen bescheiden, selbst im Erblühen, und Ende steht die Einkehr.
Dazwischen hat sich S P E Y S I D E in ganz ähnlichem Ambiente längst zu einem heimlichen kleinen Ohrwurm gemausert – sofern die Stimmung hierfür passt.
Über die Auffassung, dass Bon Iver die auf SABLE, wiedergefundene Ursprünglichkeit im Sound auf emotionaler Ebene so viel besser steht, als die elektronischen Avantgardismen von i,i und 22, A Million, kann man freilich diskutieren – die drei hier aufgefahrenen Songs (deren Ende übrigens mit einer gewissen Abruptheit durchaus suggeriert vom nahtlosen Übergang zu nachfolgendem Material abgeschnitten worden zu sein) lassen aber eigentlich keine andere Meinung zu, ohne qualitativ das Niveau der ersten beiden Bon Iver-Studioalben zu erreichen. Der wundervolle Überraschungseffekt ob der stilistischen Ausrichtung lässt jedoch punktetechnisch glückselig aufrunden:
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