Bohren & der Club of Gore [29.03.2014 Grelle Forelle, Wien]
Dort, wo demnächst Xzibit und B-Real Stimmung verbreiten werden entfalten erst noch Bohren & der Club of Gore ihren düsteren Zeitlupen-Jazz. Die Wahl der Veranstaltungslocation irritiert und wird letztendlich auch der einzig suboptimale Faktor des Abends bleiben.
Dass die Grelle Forelle eher weniger den idealen Veranstaltungsrahmen für ein teilbestuhltes Konzert samt improvisiertem Sicherheitsgraben vor der „Bühne“ mit niedriger Decke darstellt dürften vor allem jene Besucher feststellen haben müssen, die keinen der wenigen Sitzplätze ergattern konnten bzw. im hinteren Bereich auch Dank der wenig sichtfreundlichen Säulen einen nur vagen optischen Eindruck von Thorsten Benning, Christoph Clöser, Morten Gaß und Robin Rodenberg erhaschen konnten.
Dabei spielt gerade bei einem Bohren-Konzert – wo die Songs im Livegewand um Nuancen noch dichter als auf Platte schweben, sich die Band innerhalb der Kompositionen wenig zusätzlichen Handlungsspielraum gönnt, stets nahe an den Studioversionen bleibt – die visuelle Aspekt (von den vier „Westdeutschen“ im edlen Zwirn gewandet bleiben nur vage Schemen, sparsame Ausleuchtungen über ihren Köpfen tauchen die im leichten Nebel liegende, stockdunkle Bühne in kühle Blau- und verruchte Rottöne) eine katalysierende Rolle, die dafür sorgt, dass sich die Atmosphäre der Band in noch eindringlicherem Maße entfaltet. Die phasenweise enorm verrauchte Luft samt stickiger Hitze komplettiert da irgendwo gar die entrückte Stimmung die Bohren mit verinnerlichter Ernsthaftigkeit zelebrieren.
Aufgebrochen wird die dem großartigen ‚Piano Nights‚ folgende Setlist alleine (es sei denn, der kurze Aussetzer am Beginn von ‚Ganz leise kommt die Nacht‚ ist auch als humoristische Finte zu sehen) durch die trockenen und kontrastierend lakonischen Ansagen von Christoph Clöser, der ‚Unrasiert‚ „allen Freunden sauberer Erotik“ widmet, zu ‚Fahr zur Hölle‚ und ‚Komm zrück zu mir‚ eine Beziehungsgeschichte samt Autoantenne aus dem Hut zaubert, oder die (natürlich nicht exklusive) Zugabe bereits vorab anpreist.
Neben ‚Karin‚ sorgt da vor allem der Schlußpunkt – tja, was war’s denn nun nochmal? Tatsächlich ‚Destroying Angels‚ wie oft behauptet? In der langsam tröpfelnden Woge die Bohren live ausbreiten zerfließen die einzelnen Songs jedenfalls in einen einzigen großen Trancezustand! – mit etwas exzessivem Tremolo-Gitarren-Einsatz auf den letzten Meter für mehr Abwechslung in der zwangsläufig gleichförmigen Performance.
Knappe eineinhalb Stunden Spielzeit bestätigen sich deswegen als gut ausbalancierte Länge um seitens der Location nach dem Konzert noch eine Veranstaltung anzuberaumen und das Gros des überraschend heterogenen Publikums mit greifbarer Intensität über die volle Distanz förmlich zu fesseln: ab den ersten Tönen von ‚Im Rausch‚ kehrt eine begrüßenswerte Aufmerksamkeit vor der Bühne ein, nach Feuerzeugen wird nur noch flüsternd gefragt, neben dem Applaus zwischen den Songs werden umfallende Bierflaschen zu der einzigen permanenten Geräuschkulisse aus der Menge – leider mittlerweile bei ruhigeren und rein instrumental gehaltenen Konzerten längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Vielleicht aber passender, andächtiger Ausdruck für die geradezu majestätische und mystische Grandezza, die Bohren & der Club of Gore ausstrahlen – live noch mehr als auf Konserve.
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