Body Count – Merciless

von am 24. November 2024 in Album

Body Count – Merciless

Das spektakulärste an Merciless, dem achten Studioalbum von Body Count (respektive dem vierten seit der Reunion 2009) ist, dass Ice-T bald 67 Jahre alt wird, aber eine Energie an den Tag legt, die so manchem Jungspund das Fürchten lernen könnte.

Abseits davon ist Merciless im weitesten Sinne dennoch„nur“ das nächste typische Body Count-Album geworden: Im Guten wie im schlechten relativ deckungsgleich mit seinen direkten Vorgängern Manslaughter (2014), Bloodlust (2017) und Carnivore (2020) die generischen Bausteine aus dem Crossover Thrash, Hardcore und Hip Hop in simple, stumpfe Kompositionen zusammenkloppend, lassen Ice-T, Ernie C, Sean E Sean, Vincent Price, Ill Will, Juan of the Dead und Little Ice kollektiv nicht locker und halten den Druck konstant hoch, wo eine Stafette an Standards überzeugt.
Das stampfende Titelstück und das (mit Corpsegrinder) flotter kloppende Purge folgend zwar noch etwas ermüdend dem selben Muster, indem die Songs ihren jeweiligen Titel im Refrain einfach als Schlachtgesang  fauchen growlend hinausrufen, auch World War wird den Zustand der Welt später als Mitmach-Shouting anlegen.

Danach fächert die Band ihre Formel im Rahmen der Möglichkeiten jedoch als relativ abwechslungsreichen Showkampf gut sequenziert auf.
Psychopath gibt sich dank Fit for an Autopsy-Mann Joe Bad giftiger und Fuck What You Heard lauert politischer im Hip Hop. Live Forever tritt Speed-Gaspedal und lehnt sich im von Howard Jones intonierten Refrain banal melodiös gesungen weit in den Metalcore-Kitsch: derartige Kontraste können Body Count, das hält den Zugang der Band auch heute noch spannend – aber wirklich gelungene Songs entstehen deswegen noch nicht nicht wirklich.
Die Routineübungen Do or Die (als Live-Mitmach-Animation) und das mit coolem Solo ausgestattete Lying MF sind insofern ziemlich plakative 08/15-Diskografie-Erweiterungen, wohingegen Drug Lords durch Max Cavalera Feuer unterm Hintern bekommt und auch das schmissige Mic Contract einen stark anpackenden Closer abgibt. Das Geheimnis der Band ist vielleicht, dass sie die eigenen Trademarks stets überzeichnet zelebriert, aber dabei niemals zu ihrer eigenen Karrikatur verkommt.

Und mitten drinnen hält Ice-T dann doch noch eine Überraschung parat, die aus dem Business As Usual-Rahmen der Platte fällt. Ihr obligatorisches Cover haben Body Count diesmal nicht aus dem Metal gezogen, sondern sich bei Pink Floyd bedient. Comfortably Numb wird von den LA-Rabauken jedoch in eine melancholisch erzählte Introspektive umgewandelt, bei der David Gilmour melancholisch an der Gitarre begleitet und Roger Waters zumindest seinen Segen gegeben hat. „We roam the earth in search of blood/ Hope for humanity?/ I don’t think there ever was/ We’re in perpetual war, and that’s the only law/ Can I change it? I doubt it/ So I write songs about it“ sinniert Tracy Lauren Marrow in einem existentialistischen Ernst und bremst die Dynamik von Merciless ein gutes Stück weit aus, bringt Body Count so aber beinahe eine Art bisher ungekannte Altersweisheit bei.

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen