Blood Red Shoes – Blood Red Shoes

von am 9. März 2014 in Album

Blood Red Shoes – Blood Red Shoes

‘In Time to Voices überspringt keine Entwicklungsstufe, sondern parkt sich eher mitten in eine solche, ist als Album zerrissen zwischen Bewährtem und den sich auftuenden Möglichkeiten.“ endete die Kritik zu ihrem dritten Studioalbum, dass das Duos aus Brighton am Scheideweg präsentierte. Zwei Jahre später lassen Blood Red Shoes Konsequenzen in gewisser Hinsicht vermissen und rudern lieber wieder einen Schritt zurück – und schalten auf Autonomie.

Der Griff zur Selbstbetitelung beim Albumnamen deutet es bereits an: die gemäßigtere Herangehensweise des Vorgängers, das poliertere und weniger frontal bissigere ist passé, Blood Red Shoes besinnen sich auf die gelobteren Tugenden, auf Gitarre und Schlagzeug (Streicher gibt es keine mehr, ein Piano nur noch im abschließend zappelnden ‚Tightwire‚), stampfen wieder im beengten Club und visieren nicht das Stadion an. Mit knappen zwei Minuten Instrumental-Aufwärmrunde heißt es demnach ‚Welcome Home‚, zurück bei dem kratzigen Rock mit heftigen Popappeal, der endgültig zu mächtig für nur zwei Menschen und mehr denn je wie die enthusiastische Teenage-Variante zu den Kills klingt – mag sich Steven Ansell auch am Mikro weiter in den Vordergrund schlängeln denn je: Laura-Mary Carter hat das Kindliche längst zugunsten des Verruchten abgelegt; im harmonisierenden Wechselspiel sind die beiden trotzdem am besten.
Blood Red Shoes sind für ihr selbstbetiteltes Viertwerk nach Berlin gegangen um ihren Rock rauer und ungeschwaschener zu spielen, ihn selbst aufzunehmen (und sie tun gut daran, weswegen das skandierte „Don’t Slow Me Down“ im cowbellbestückt groovenden ‚Everything All At Once‚ auch gut und gerne als Botschaft an die Produzenten verstanden werden kann) die Fuzz-Gitarre dröhnt und röhrt zumeist gar derart wüstenversessen wie das nicht einmal die Arctic Monkeys auf Albumlänge durchziehen – einen Song wie ‚An Animal‚ würden Alex Turner und Co. wohl dennoch ins Repertoire aufzunehmen überlegen.

Und sicher: die weniger geschliffene Soundoptik steht dem Duo absolut maßgeschneidert, alleine weil sie der Liveenergie der Band näher kommen soll. Dennoch bleibt in der druckvollen ersten Albumhälfte bis hin zu ‚The Perfect Mess‚ auch der Eindruck, dass Blood Red Shoes hinter der schwitzenden Produktion schon zwingendere, mitreißendere und noch funkensprühendere Songs geschrieben haben, man die Steilvorlage von ‚In Time to Voices‚ für den Entwicklungssprung als Songwriter zudem nicht vollends nutzt – auch wenn die Queens of the Stone Age diesmal näher sind als die Hi Hat-getriebenen Tanzflächenfüller von Death from Above 1979.
Die Erfahrungen des Vorgängers werden letztendlich nicht vollends ignoriert, dennoch liegt der Fokus vor allem auf einer Optimierung der Inszenierung (auch wenn dabei die Gesangsspuren wahlweise etwas zu deutlich durch den Staubfilter gedrückt wurden).
Die Art und Weise wie die Zwei ihre rotzig bratenden Riffs all den eingängigen Hooklines um die Ohren pfeffern und mit beachtlicher Wucht einen potentiellen Hit nach dem anderen zünden lässt dann vorerst verpasste Gelegenheiten oder unterschrittene vorangegangene Messlatten freilich ohnedies über weite Strecken vergessen (alleine sich auszumalen wie das rauchige ‚Grey Smoke‚ nach seinem psychedelischen Break jedes Konzert zum Explodieren bringen wird lässt den Körper vor Endorphinen zucken), bevor Blood Red Shoes ab dem gezügelteren ‚Far Away‚ doch noch ein wenig vom Gaspedal gehen und die Auswirkungen von ‚In Time to Voices‚ auskosten.

In ‚Behind a Wall‚ spielen die beiden Engländer ihren garageninfizierten Punkrocktribut erst verdammt entspannt in Richtung eines verträumten Pops, nur um dann doch noch die Keule hervorzuholen. ‚Stranger‚ rollt zwischen lässiger Verspieltheit und mächtiger Breite wie ein Zeitraffer über die Nachdenklichkeit und ‚Cigarettes In the Dark‚ drosselt das Tempo zum epischen Brutkasten im Nebel mutiert und wäre wohl der bessere Schlußpunkt gewesen als das grundsätzlich tolle, leicht folkig-rumpelnde und versöhnliche ‚Tightwire‚. Selbst wenn das alles nicht die Art von Songs sind, für die die Masse die Band liebt sind es doch ihre besseren, nachhaltigeren. Ein wenig Kritik muss sich ‚Blood Red Shoes‚ also alleine deswegen gefallen lassen, weil das eigentliche Potential der Band durch das Festhalten am Bewährten wieder nicht vollends ausgeschöpft wird.

Letzten Endes bleibt aber in Summe ohnedies vieles beim Alten: Blood Red Shoes-Alben sind etwa in kleinen Dosen konsumiert immer noch schicker als am Stück, eine gewisse Formelhaftigkeit und Gleichförmigkeit vor allem bei den unmittelbar zündenden Tracks nicht absprechbar: smarte Ohrwürmer für den Augenblick sind das, die bei hemmungsloser Konsumierung (Stichwort: Refrain-Überstrapazierung) abermals schnell nerven können. Was Blood Red Shoes sich dennoch auf die Pro-Seite schreiben können ist, dass man weiterhin keinen wirklich schlechten Song zustande bringt, und die zu gleichen Teilen auftretenden starken Nummern die schwächelnden Standardwaren (vor allem hinten raus, zwischen den gelungenen Ausbrechern – etwa: ‚Speech Coma‚, ‚Don’t Get Caught‚) mit allerlei Euphorie aufwiegen. Dass man da nicht immer vollends objektiv ist, weil Laura-Mary Carter und Steven Ansell mutmaßlich ziemlich sympathitsche Typen sind spielt bei all dem Wohlwollen ziemlich sicher auch abermals Rolle.

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