Blood from the Soul – DSM-5
Nach 27 Jahren reaktiviert Shane Embury sein Napalm Death-Nebenprojekt Blood from the Soul mit neuer Besetzung: Für DSM-5 sind Converge-Frontmann Jacob Bannon, Megadeth-Drummer Dirk Verbeuren sowie Nasum-Bassist Jesper Liveröd mit an Bord.
Die stilistische Entwicklung von Blood from the Soul seit dem Debüt To Spite The Gland That Breeds, das 1993 noch deutlich im Industrial zu verorten war, ist natürlich markant, erscheint aufgrund der personellen Umbesetzungen und neuen kreativen Reibungspunkte für Embury aber nur logisch. Und auch wenn alle Beteiligten ihre Spuren im Sound hinterlassen haben (das solide Self Deletion könnte etwa als entschleunigt-wogender Tribut an Helvete durchgehen und zeigt auch, dass sich die Allstar Gang auch immer wieder etwas frech, frisch, faul und frustrierend an Ideen der Stammformationen bedient), ist die Evolution gerade in Hinblick auf das Engagement des gerade erst mit Umbra Vitae beschäftigten Bannon interessant: Der 44 Jährige prägt Blood from Soul nun deutlicher als alle anderen (derzeitigen) Bandmitglieder, über weite Strecken ist DSM-5 sogar gar nicht weit von Converge entfernt, wenngleich die Ziele über anderen Horizonten liegen (und nicht derart erbarmungslos in die Mangel genommen werden).
Fang Tooth Claw operiert als metallischer Hardcore verdammt Riff-orientiert, bleibt dabei in Sachen Tempoarbeit und Heaviness in Schüben arbeitend aber stets variabel, bevor Ascend the Spine dazu Facetten wie bärbeißende Call and Response-Versatzstücke, sprechsingende Elemente und eine eingängige Abfahrt addiert. Debris of Dreams denkt die optische Jane Doe-Reminiszenz am Cover schabend am Noiserock weiter um auch der technoid mit trockenem Bass groovenden Beginn von Terminal Truth wird von Bannon und den Trademarks seiner Stammband zur Stop-and-Go-Kantigkeit vereinnahmt, während Subtle Fragment hinter repetitiven Schüben stoisch majestätische Texturen pflegt und Lurch of Loss punkiger auftretend Raum für melodiös rezitierende Kontraste in typischer Manier lässt. Noch direkter ist da nur Encephalon Escape, das wie eine weniger überfallsartige Interpretation von Dead Beat daherkommt – und Blood from the Soul hinter ihrem Potential ein kleines bisschen redundant erscheinen lässt.
In all diesen Momenten fällt jedoch bereits auf, dass man Bannon selten in einem solch catchy-zugänglichen Umfeld erlebt hat. Noch deutlicher wird dies in Szenen, die dezidiert aus jenen Komfortzonen ausbrechen, die Converge oder Wear Your Wounds kultiviert haben, und mit frischen Impulsen überraschen.
Calcified Youth ist extrem kompakt und knackig, praktisch schweinischer Rock aus der Hardcore-Perspektive – allerdings der wenig nachhaltigen Sorte. Das grandiose Dismantle the Titan brodelt thrashig-kochend, der Druck entweicht aber über eine jazzig angeblasene Saxofon-Welle im Refrain und die ambiente Drone-Halluzination des abschließenden Titelsongs, die düster aufbegehren aber abseits der Ästhetik seltsam uninspiriert verglüht, ist vor allem mit der Sci-Fi-Assoziation in den Texten („This is a transmission from DSM number five/ The vessel is damaged but some are still alive“) eine narrative Abkehr von gewohnten Pfaden.
Dass die Katharsis danach unterhalb jener der jeweiligen Stammbands der vier Musiker bleibt, liegt sicher auch an dieser inhaltlich-abstrakten Ebene, wobei auch gute Füller wie Sharpened Heart ihren Teil dazu beitragen, dass eine etwas zu lange Platte mit immenser Fallhöhe nicht nur aufgrund der in ständiger Nähe behaltenen Referenzen keineswegs deren emotionale Tiefenwirkung erzeugt.
Kommentieren