Bloc Party – Silent Alarm Live
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Bloc Party haben ein Konzert ihrer Silent Alarm-Jubiläumstour 2018 mitschneiden lassen. Das Ergebnis ist eine keineswegs essentielle, aber überraschend kompetente und leidenschaftliche Reproduktion des heuer bereits unfassbare eineinhalb Dekaden alt werdenden Instant-Klassikers.
Wobei das mit der werkstreuen Reproduktion freilich so eine Sache ist, da mittlerweile bekanntlich eine komplett neue Rhythmussektion in den Diensten der beiden verbliebenen Gründungsmitglieder Kele Okereke und Russell Lissack steht – wo doch Bassist Gordon Moakes und gerade der mittlerweile bei Algiers untergekommene Schlagzeuger Matt Tong ja absolut charakteristische Stützen des Bloc Party-Debüts waren.
Und natürlich zeigt das im Oktober 2018 aufgenommene Silent Alarm Live-Dokument nun auch, wieviel weniger Wert das Original gerade ohne seine furiosen Drums gewesen wäre. Allerdings muss man Tongs Ersatzfrau Louise Bartle (gerade nach der erbärmlichen Performance des Sessionmusikers Alex Thoma auf Hymns, die nicht nur an dieser Stelle bedauerlicherweise der erst 25 Jährigen in die Schuhe geschoben wurde) hiernach doch zugestehen, das absolut Beste aus den unmöglich auszufüllenden Fußstapfen zu machen.
Das Spiel der Londonerin Bartle kompensiert all die fehlenden schwindelerregenden Fills und Stunts von Tong nun mit einem betont dringlichen Spiel, pflegt einen geradezu archaischen Zugang und wirbelt energisch, schafft damit gewissermaßen eine simplizistisch-getriebene Perspektive auf das komplexere Original: Die Frau hat hinter dem Kit ordentlich zackig-getriebenes Feuer unter dem Hintern.
Zudem addieren ihre Backingvocals beispielsweise im Finale von Blue Light zumindest im Ansatz auch durchaus neue Facetten für das Original. Insofern natürlich schade, dass sich diese nur auf ein paar eingestreute Zeilen beschränken und über die gesamte Spielzeit ohnedies praktisch kaum Verwendung finden. Eine verpasste Chance den Mehrwert zu steigern und der neuen Besetzung ein weniger sklavische, individuellere Aufarbeitung zurückliegender Großtaten der „anderen“ Bloc Party zuzugestehen.
Überhaupt halten sich die eklatant vom Studiomatetial absetzenden Momente im Rahmen: Die Gitarren dürfen hier und da aufmüpfiger aus der zackigen Bändigung ausbrechen, klingen dann wieder ambient-sphärischer und solieren sich spätestens zum Finale von Plans ausnamsweise ganz wunderbar in den exaltieterten Rausch. Okereke intoniert dazu phasenweise theatralischer, versucht auch die gute Stimmung immer wieder (etwas zu verzweifelt) zusätzlich anzukurbeln – dabei ist nicht nur in She’s Hearing Voices oder dem furios gelungenen This Modern Love die Unterstützung aus dem Publikum ohnedies lautstark gegeben.
Gerade all die unverwüstlichen Hits zu Beginn (weil die eigentlich auf Tour von hinten nach vorne gespielte Tracklist von Silent Alarm für den Live-Tonträger absurderweise chronologisch nahtlos abgemischt wieder in die korrekte Reihenfolge „umgekehrt“ wurde, und Like Eating Glass, Helicopter, Positive Tension, sowie Banquet deswegen nicht das Finale liefern) machen Bock ohne Ende, leben von der ohne falsche Sentimentalitäten auskommenden Leidenschaft in der Performance, die hungrig und motiviert zündet, Power hat und nach vorne geht. Von dem schalen Beigeschmack, dass Okereke derartige Jubiläums-Shows mit komplett gespielten Alben einst dezitiert verdammt hatte, nur um eben kurz darauf selbst welche anzukündigen, ist jedenfalls nichts zu spüren. Im Gegenteil: Plötzlich hat man dank dieser ideal aufgewärmten (zugegebenermaßen wohl selten bis nie vor dem Studioalbum auf dem Plattenteller landenden) Nostalgie-Frischzellenkur und lebendigen Vergangenheitsaufarbeitung sogar durchaus wieder Hoffnung für die Zukunft der Band.
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