Bloc Party – Four
Nach vier Jahren Pause sind Bloc Party aus dem Dance-Land zurückgekehrt, erfinden sich trotz anhaltender Electro-Ambitionen im Untergrund und zahlreichen Metal-Anleihen (!) für ‚Four‚ endlich wieder post-punkigen Rockband neu.
Sich als Band musikalisch zu wiederholen, dass war nie das Ding von Bloc Party, und das ist es auch diesmal nicht – obwohl sich das wieder zusammengefunden habende Quartett endlich wieder daran erinnert, dass man einst als Rockband Herzen erobert hat, bevor man als Electroclash-Tänzer Fanseelen im Anfangsstadion dessen brüskierte, wohin Matt Tong, Russell Lissack und Gordon Moakes ihrem Frontmann Kele Okereke nach ‚Intimacy‚ nicht mehr folgen wollten. ‚Four‚ ist so die Rückkehr zu zackigen Rockriffs und knackigen Rhythmen geworden, aber kein Déjà-vu mit ‚Silent Alarm‚ oder ‚A Weekend in the City‘; alleine schon deswegen nicht, weil der von Moakes Nebenprojekt Young Legionnaire mitgebrachte Alex Newport Bloc Party weniger dick und ausformuliert klingen lässt, nicht nur aufgrund der zahlreich eingefügten Studiosnippets eine direkte, beinahe rohe Atmosphäre am Rande des suggerierten Konzeptwerks aufgenommen hat. Dass der At The Drive-In und The Locust erprobte Produzent den Engländern ihre Electro-Affinität und die damit verbundenen Erfahrungen mit ‚Intimacy‚ und Keles Soloausflug ‚The Boxer‚ nicht restlos austreiben konnte – oder wollte – hat ‚Octopus‚ bereits im Vorfeld bewiesen: dieser flinke Grenzgänger zwischen theoretischer Fadesse in altbekannter Hibbeligkeit und praktischer Anwärter für Charts und Listen der hartnäckigsten Bloc Party Ohrwürmer, im niemals flüssigen Albumkontext leicht wachsend. Umso praktischer also, dass ‚Four‚ die Nummer als ‚Team A‚ noch einmal in Besser aufwärmt – obwohl die Londoner da plötzlich eine ganz schöne Prise Nachdruck in den superflotten Indie Rock gießen.
Nicht die einzige Steigerung im Härtegrad, sondern das Trademark von ‚Four‚, wie auch ‚Kettling‚ energisch beißend klar macht – das passt vielleicht nicht ins Bild, macht nach fünf Schrecksekunden und einmal durchatmen aber doch ordentlich Appettit, ist mitreißend und packender Rock in Großbuchstaben, obwohl da eigentlich schon „Metal“ stehen müsste: ‚Four‚ ist über weite Strecken erstaunlich hart und unbändig gegen den Strich gebürstet, wenn man nicht den Erwartungshaltungen nachgeht, da knallen die Gitarren wie zum Trotz aus dem Latz. Mit ‚3×3‚ haben Bloc Party schon zu Beginn so etwas wie den unprätentiösesten Muse Song der letzten Jahre aufgenommen – auch wenn Matt Bellamy sich das peinliche ‚Yes/ No‚ Erotikgestöhne zugunsten peinlicher Verschwörungs- und Esotericlyrics ausgespart hatte. Nichtsdestotrotz versprüht ‚Four‚ in diesen Momenten eine unfassbare Energiegeladenheit, wie es Bloc Party seit dem Debüt nicht mehr getan haben, auch, wenn die tatsächlich überragenden Momente doch wieder dort liegen, wo man sie beinahe nicht sieht: eben im Schatten von ‚A Weekend in the City‚ (dem nächsten Verwandten von ‚Four‚ übrigens, trotz allem) und dem immer noch unerreichbaren ‚Silent Alarm‚. Dort basteln Bloc Party ebenso an sich schnell abnutzenden Fingerübungen wie dem lahmen ‚So He Begins to Lie‚ und gefälligen Balladen (‚Real Talk‚) ohne erkennbares Herz, aber eben dazu auch wunderbar erhabene Atmosphäre-Indie-Songs (‚Day Four‚) oder ergreifende Liebesbekundungen (‚Truth‚) deren einziges Gebrechen es ist, alten Großtaten nicht vollends auf Augenhöhe begegnen zu können, das Comeback der Band aber strahlen zu lassen.
Eines, das vielleicht nicht restlos befrieden kann, weil es den versöhnlichen Schulterschluss vom Entwicklungsanfang der Band zu alten und neuen Stärken in einer unbekannten Härte sucht – nur eben nicht immer findet, man sich zudem gelegentlich an B-Ware labt. Anders ist es auch nicht zu erklären, weswegen einer der stärksten Songs (‚Leaf Skeleton‚ – mit einem wie immer grandiosen Matt Tong, der auch auf ‚Forth‚ songdienlich brilliert, anstatt permanent das Fill-Drummonster raushängen zu lassen) bei den fabelhaften Bonutracks verheizt wird, aber anderswo Füllmaterial (‚V.A.L.I.S‚ etwa ist nur nett-beschwingter Bloc Party Durchschnitt am Reisbrett) oder aus dem Rahmen fallendes (‚Country? Blues? Folk? Metal? ‚Coliseum‚!) gesammelt wird und der Rauschmeiser ‚We Are Not Good People‚ trotz knackigem Refrain zu den bisher uninspiriertesten Songs der Band überhaupt gehört, selbst wenn Bloc Party noch nie näher bei Biffy Clyro waren. Das funktioniert auf dem Stückwerk ‚Four‚ neben all den vielen Höhen und wenigen wirklichen Tiefen letztendlich vor allem Dank der Faszination an der Tugend, sich abermals nicht zu wiederholen, der eigenen Discographie geschickte neue Facetten hinzuzufügen, anstelle der Überhits packen Bloc Party eben die Pommesgabel aus. Wenn auch nicht restlos begeisternd, bleibt Bloc Party-hören so zumindest spannend; wird es wieder, ohne sich peinlich berührt abwenden zu müssen. Allein deswegen ist es gut, dass die Vier wieder zusammengefunden haben, um an einem Strang zu ziehen.
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