Bloc Party – Alpha Games

von am 1. Juni 2022 in Album

Bloc Party – Alpha Games

Eher sehr okaye Gamma– als tatsächliche Alpha Games – dennoch stellt das erste Bloc Party-Album seit sechs Jahren (oder dem kaum erinnerungswürdigen, an dieser Stelle eventuell gar überbewerteten Hymns) ein durchaus veritables Friedens-Angebot über den mittlerweile sehr niedrig platzierten Ansprüchen dar.

Alpha Games muss fast zwangsläufig zuallererst auf der Perspektive der personellen Ebene betrachtet werden. Immerhin ist das mittlerweile sechste Stufioalbum der Briten einerseits Zeugnis davon, wie verdammt gut Louise Bartle dem Bandgefüge tut, indem ihr zweckdienlich wirbelndes Spiel als veritabler Impuls (gerade noch dem schlagzeugtechnisch beschämenden Hymns) so veritabel in die unerreichbar furiosen Fußstapfen von Matt Tong tritt, wie das angesichts der hohen Maßstäbe nur möglich ist.
Und andererseits sind die versammelten 40 Minuten natürlich mehr als alles andere der Beweis dafür, dass Bloc Party mittlerweile endgültig ein Vehikel für (den seine Solokarriere einfach nicht in Gang kriegenden) Kele Okereke darstellen, der diesmal lyrisch den angriffslustigen, auch brutalen Beobachter in einem feindseligen sozialen Ökosystem geben möchte (aber dabei eher affektiert über seine eigenen lyrischen Grenzen stolpert) und musikalisch die stabile Rückbesinnung auf alte Tugenden verordnet hat. Eine auch mit nostalgischen Gefühlen kokettierende Aktion, die – gerade angesichts der wenig Euphorie entfachenden Vorabsingles – in Summe zu einem durchaus versöhnlichen Comeback führt.

Der Einstieg in Alpha Games erweist sich zwar als Red Herring-Moment, weil er an der Oberfläche halbwegs erfolgreich suggeriert, dass Bloc Party in ihren aktuell besten Momenten mehr sein können, als ein halbgarer Schatten ihrer Silent Alarm-Glanztage. Im treibend nach vorne gehenden Day Trinker rappt Kele schließlich fast vor Eile, die Gitarren bäumen sich auf und letztendlich löst sich alles in einen supermelodischen Refrain auf – in der Bridge kommunizeieren die Gitarren sogar beinahe wie zu Helicopter-Zeiten miteinander, bevor in Traps ein feist drückendes Riff den bouncenden Stampfer mit unangenehmen Lyrics („Looking like a snack/ Cute like Bambi/ But you’re headed to a trap/ Meet me in the boom boom room/ …/ Lick lick lick, lickety split“) fegt. Exemplarisch fehlen beiden Stücken der überwältigend geniale Kniff, der alles oberhalb eines Sub-Four-Level einpendeln würde, und natürlich ist da nirgendwo auch nur ansatzweise die nervöse Dringlichkeit der Heydays – allerdings beginnt Alpha Games damit doch klar über den (zugegebenermaßen niedrigen) Erwartungen und knüpft daran in der grundlegend entspannter ausgerichteten zweiten Plattenhälfte auch noch einmal an.

Das stimmungsvolle Of Things Yet to Come oszilliert geduldig in der Tradition von I Still Remember im angenehmen Stadion, das harmlose Sex Magik klingt mit einem schönen Refrain wie eine unaufgeregt pendelnde Erinnerung an Tanzflächen-Nummern wie Flux, halt eben ohne Biss. Der solide Indie-Standard von By Any Means Necessary will es mit elektronischer klatschenden Beats als Ausgangslage und einem Foals-artigen Abgang  trotz fehlendem zwingenden Momentum wissen und das flotte, gute In Situ deutet zwischen den Zeilen souverän This Modern Love an, da die vergangenheitsliebende Verklärung hier eben oft Mittel zum Zweck ist, überzeugt aber auch deswegen kurzweilig, wohingegen das munter-poppige If We Get Caught auch durch den Einsatz von Bartle als Backingstimme gewinnt.
Schade nur, dass sich das Quartett auch so viele Momente leistet, in denen ambivalente Eindrücke die Überhand gewinnen und den Gesamteindruck merklich beeinträchtigen (zwischen den Punkten liegend die abschließende Aufwertung aber gnadenhalber zulassen – auch, weil Four seinerzeit einen Punkt zu wenig bekam). You Should Know the Truth stört keineswegs, doch plätschert der Song höchstens gefällig um die angestammten Trademarks mit einem banalen Refrain im schablonenhaften Gefüge, das zudem unter der jedweden Pfeffer vermissen lassenden roduktionstechnischen Inszenierung leidet.

Callum Is a Snake fesselt mit seinem dunkler schattierten, markanten Synth vor den zappelnden Drums, die einen Kontrast zum schlängelnden Refrain fordern – doch ist das Amalgam ein vielversprechender Clusterfuck, zerfahren und reizvoll und unausgegoren. Schlimmer aber ist das noch viel ziellosere Rough Justice, das  zwischen beklemmender Geste, hilflosen Tanzmoves im Club und einer bemühten Rezitation nicht zum Punkt findet. The Girls Are Fighting nervt als „Hey!„-Animationen, vernetzt eine zwanglose Versuchsanordnung von Ideen rund um kontemplatives Schunkeln und Grooves, die Energie und Inspiration vermissen lassen. Und das atmosphärisch ruhige The Peace Offering wäre schon sehr einnehmen, würde ein angestrengt sardonischer Kele im Spoken Word-Modus mit allem Charisma in der Stimmfarbe doch nur ansatzweise so interessant erzählen, wie er sich wohl selbst hört.
Mag Alpha Games hier im Speziellen, wie im Allgemeinen aufs Ganze betrachtet, letztendlich auch relativ blass hinter seinen Möglichkeiten bleiben, ist das Gesamtwerk doch eine wohlwollend aufnehmbare, sehr okaye Rückmeldung geworden. Was für das (um es noch einmal dezitiert zu erwähnen – mit viel Abstand zum Schlußpunkt der Diskografie zum Mittelfeld aufschließende) zweitschwächste Album einer Band, der sehr schnell die Luft ausgegangen ist, schon als Kompliment zu verstehen ist.

 

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen