Blacklisted – When People Grow, People Go
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Im Gespann mit Will Yip hätten Blacklisted nach ‚No One Deserves to Be Here More Than Me‚ wahrlich überall landen können. Wo aber derzeit zahlreiche Title Fight-, Pianos Become The Teeth– und La Dispute-Anhänger an den Evolutionsprozessen zu kauen haben, die der Produzent aus Philadelphia mitinitiierte, bringt die neuerliche Zusammenarbeit die wagemutige Deathwish-Crew zurück zu ihren Wurzeln.
Über die entschlackte, kompakte, aber vielschichtig fliesende Produktion von Yip (der Bass grummelt neben den Drums tonangebend, die Gitarren werfen hinten mit Dreck und glänzen mit Deatils, der Fokus liegt aber permanent klar auf den seelenblutspuckenden Vocals) sowie über den Umweg von George Hirsch’s mediokrem Soloausflug mit Harm Wülf ist ‚When People Grow, People Go‚ (saubere Reminiszenz!) ein Nackenbrecher-Statement mit reinigender Ansage: Blacklisted haben wieder Bock auf knallharten Hardcore ohne Umwege, Trompeten oder Violinen. Was sich in den 6 Jahren seit der experimentell über jeden Tellerrand sezierenden Nabelschau ‚No One Deserves to Be Here More Than Me‚ angestaut hat muss endlich raus: 11 Songs in 21 Minuten, da bleibt kaum Zeit um Atem zu holen oder Gefangene zu nehmen.
Der Anschlag ist stets im roten Bereich, ein Brett folgt auf das nächste, die Band hat das dynamische Spiel mit sludgig würgenden Noisepassagen nicht verlernt. ‚Riptide‚ ist etwa ein heavy kriechender Riffer an der Hardrock-Grenze, ‚Gossamer‚ malträtiert mit gnadenlos mahlendem Groove, ‚Deepeer Kind‚ zündet seine Nachbrenner als Paradebeispiel für das randalierende Melodieverständnis, das Hirsch und seine Mannen längst perfektioniert haben. ‚Calendars‚ reißt in gerade einmal 57 Sekunden bis auf die Grundmauern des Punk alles nieder, ohne deswegen gleich abzustumpfen oder den direktesten Weg vom Gedankensprung zum Austicker zu nehmen; ‚Burnt Palms‚ klingt, als würde Band und Sänger im Triathlon gegeneinander antreten.
‚When People Grow, People Go‚ orientiert sich damit weitestgehend an den Stärken und Standards, die Blacklisted für Deathwish und die Szene mit ‚Heavier Than Heaven, Lonelier Than God‚ augemessen haben, vergisst dabei aber nicht die Erfahrungen von der gerne im Grunge-Fach kategorisierten Vorgängerplatte sowie der ‚So, You Are A Magician?‚-EP im Detail einzuarbeiten.
‚Foreign Observer‚ zeigt mit hymnisch in seine Rock-Melodie tretender Wut die Trophy Scars der letzten Jahre, Blacklisted schrauben hier mit Cold World-Spezi Nick Woj am Druckmesser, drosseln das Tempo zu einem melodischen Crossover-Augenblick, in ‚Wooder Ice‚ finden gar Spoken Word Passagen Platz.
Am eindruckvollsten hat ‚No One Deserves to Be Here More Than Me‚ seine Spuren aber im überragende Minenfeld des melancholisch sinierenden Openers ‚Insularized‚ hinterlassen – sobald die Band aber aufs Gaspedal tritt, ist das von Null auf Hundert explodierend so leidenschaftlich rasender Hardcore, wie nichts seit ‚Heavier Than Heaven, Lonelier Than God‚.
Der Titelsong steigert sich hingegen über seine ausufernden dreieinhalb Minuten in einen Malstrom der Hirsch’en Katharsis, textlich und gesanglich so schonungslos introspektiv wie kaum jemand im Genre, auch, wenn das Gefühl bleibt, dass sich Blacklisted in ihrer konsequenten Oldschool-Ausrichtung und abseits der freischwimmenden Experimente des Vorgängers vor allem in der walzenderen Passagen stilistisch doch deutlicher limitieren, als es nötig gewesen wäre.
Freilich Jammern auf hohem Niveau. Blacklisted agieren zwar konservativer als zuletzt, machen damit aber, was sie nahe der Perfektion können: indem sie wieder an der Grundpfeilern ihres Hardcore-Herzens operieren, hetzen sie mit einem Schlachtfest für den Pit der Konkurrenz davon und legen damit die Latte, an der sich der Hardcore im Jahr 2015 messen wird müssen.
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