Blackbraid – Blackbraid II
Der Auftritt beim Midgardsblot Festival lenkt im Nachhinein davon ab, dass Jon Krieger alias Sgah’gahsowáh mit Blackbraid II praktisch alle versprechen einlöst, die das Debütalbum im vergangenen Jahr nicht halten konnte.
Zwar tut Album Nummer 2 dies mit einer Spielzeit von 66 Minuten auf zu ausführliche Weise (wo das im Ganzen zu unausgegoren konstruierte Blackbraid I sich noch wie eine EP anfühlte), denn die Platte hat streng genommen ein paar Längen und hätte an vielen Stellen akzentuierter gekürzt zum Punkt gebracht werden können.
Allerdings fällt dieser, zumindest relativ gesehen, größte Kritikpunkt (ebenso wie subjektiv feststellbare Diskussionspunkte: etwa die zu sauber angelegte, dafür aber wirklich kraftvoll packende Produktion; die grundlegend kaum originelle stilistische Verortung im Melodic Black Metal-Windschatten von Agalloch und den am Ende, hinter dem eigentlich so idealen, weil absolut runden Schlußpunkt Sadness and the Passage of Time and Memory gar gecoverten Bathory; oder die Tatsache, dass die guttural-doomigen Growl-Tendenzen in Moss Covered Bones on the Altar of the Moon gerne nicht nur kurz angedeutet hätten werden dürfen – aber das wiegt Twilight Hymn of Ancient Blood später ja mit herrlich thrashigem Abgang auf!) nur bedingt ins gestiegene Gewicht.
Vom akustischen Folklore-Intro Autumnal Hearts Ablaze und dem das Thema rasend übernehmenden, muskulös hinausschleuderndem The Spirit Returns weg macht Blackbraid II mit hymnischen, melodischen Bögen so giftig speiend und direkt eingängig in konsistent hoher Qualitäten jedenfalls wirklich alles besser als der Vorgänger, hat einen stimmigen Gesamtfluss samt intensiver Dynamik, strotzt vor einem Gefühl der immanenten Epik – gerade die Gitarren übertreffen sich immer wieder mit heroischen Motiven, die garstigen Vocals haben zudem einen aggressiven Biss, die Rhythmusabteilung erzeugt einen packenden Drive.
Und wo die Performance makellos sitzt, gibt sich auch das Songwriting strukturell ausgefeilter, variabler, enorm kurzweilig, derweil der klangtechnisch assimilierte Native-Aspekt zudem längst alles Gimmickhafte abgelegt hat, nicht nur in explizit darauf ausgerichteten Intermezzi wie Spells of Moon and Earth oder Celestial Passage expliziter zu tragen kommt, sondern auch in Streifzüge wie A Song of Death on Winds of Dawn sehr stimmungsvoll eingewoben wird und den Charakter der Platte vertieft.
Mögen also anderswo Diskussionen über die Authentizität von Blackbraid, über kulturelle Stereotype und die Rolle der Produktionsstudios im Hype um das Ein-Mann-Projekt stattfinden, gehen diese eigentlich per se am Thema vorbei: Blackbraid II ist ungeachtet aller Nebengeräusche tatsächlich eines der waschechten Genre-Highlights 2023, zu dem es nahezu allerorts ausgerufen wird.
Kommentieren