Blackbraid – Blackbraid I

by on 31. August 2022 in Album

Blackbraid – Blackbraid I

Der Hype, den Sgah’gahsowah alias Blackbraid mit den beiden (freilich auf Blackbraid I vertretenen) Vorab-Singles The River of Time Flows Through Me und Barefoot Ghost Dance on Blood Soaked Soil kultiviert hat, begleitet nun auch das Debütalbum des Ein-Mann-Black Metal-Projektes.

Und genau dieser Hype scheint auch die Sicht auf das wesentliche zu verdecken, indem Blackbraid I offenbar nur noch zwei polarisierte Reaktionen hervorzurufen scheint: Während die einen vom meisterhaften Genre-Album des Jahres schwärmen, hören die anderen einen bestenfalls soliden Standard. Erstere Perspektive von vornherein ausklammern könnend liegt die Wahrheit, wenn sich der Staub und die Aufregung erst einmal ein wenig gelegt haben, wohl dazwischen: Blackbraid I ist ein gutes, mit dem Newcomer-Bonus sogar sehr gutes moderndes Black Metal-Album – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Sauber und kraftvoll von Neil Schneider (der auch die Drums als Session-Musiker übernommen hat) produziert, bekommen alle Instrumente eine transparente, druckvolle Bühne, die nicht nach trve-harscher Rohheit im Lo-Fi giert, sondern den umgänglichen Baukasten hungrig und frisch anwirft, eine melancholische Wut in ein kompaktes Format gießt: 36 Minuten Gesamtspielzeit kennen keinen leeren Meter und unterhalten einfach verdammt kurzweilig, weil das Songwriting auch dementsprechend kompetent und druckvollen mit Blastbeats und hymnischen Melodien die Schrauben anzieht. Irgendwo zwischen Referenzen wie Mgła, Wolves in the Throne Room und oder Winterfylleth ist eben auch mit indigenen Nuancen im Sound Platz.

Eben jene werden nunmehr abseits der Texte greifbarer – wenngleich musikalisch weiterhin kaum vorhanden. Wenn es passiert, schindet Blackbraid jedoch Eindruck: Im Instrumental As the Creek Flows Softly By addieren Flöten ein wenig sentimental die Prärie-Weite zur nachdenklichen schwelgenden Akustik-Gitarre – ohne romantischen Kitsch, sondern durchaus authentisch und den individuellen Charakter der Plattform stärkend. Schade insofern, dass ähnliche Schattierungen nur noch in Sacandaga (das mit Zug nach vorne und zusammengebissen-skandierenden Zähnen fauchend schlenderndes Adrenalin injiziert bekommt, die Gitarren als packende Sogkraft mitreißen) für einen kurzen Moment sporadisch texturierend auftauchen, ohne ein essentieller, integraler Bestandteil der Nummer zu werden.
Auch so liefert das traditionsbewusste Blackbraid I nach dem catchy Highlight The River of Time Flows Through Me allerdings ab – auch das Niveau von Barefoot Ghost Dance on Blood Soaked Soil wird gehalten-, wenngleich eben ziemlich konventionell gestrickt. Gerade wenn nach dem Interlude Warm Wind Whispering Softly Through Hemlock at Dusk, in dem sanftes Gezupfe und rauschhafter Strom zueinanderfinden, Prying Open the Jaws of Eternity heavier und entschleunigt als Riff-Walze zum Death Doom growlt, ist das schon ziemlich gelungen – bevor der Closer die Nachbrenner zündet und letztendlich symptomatischerweise etwas vorhersehbar den Bogen der Nummer schließt.
Insofern gilt, dass Blackbraid I das Rad sicher nicht neu erfindet, sein Lokalkolorit auch nicht dem Potential entsprechend freisetzt, oder seine Beschlagenheit tatsächlich aufregend inszeniert – aber dieser Einstand macht dabei in Summe auch einfach nichts falsch, sondern nur eklatant Lust auf mehr.

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