Bill Callahan – Dream River
‚Apocalypse‚ war erst Grundstein auf dem ‚Dream River‚ nun weiter aufbaut: Bill Callahan erweitert sein behutsames Songwriting auf instrumentaler Ebene und wagt damit die Probe aufs Exempel: wie sanftmütig, friedvoll und anschmiegsam kann das Schaffen des ehemaligen Smog-Meisters eigentlich noch werden?
„The Only Words I’ve Said Today Are ‘Beer’ and ‘Thank You‘“ beichtet Callahan im eröffnenden, gar nicht so melancholischen, sondern vielmehr enorm hoffnungsvoll lächelnden ‚The Sing‚ während die Fidel tanzt, Thor Harris mit Conga und Clave einen unaufdringlichen Rhythmus vorgibt und die Gitarren nach offener Prärie klingen. Im gleich noch optimistischeren ‚Javelin Unlanding‚ huscht eine 70s-Flöte durch das Geschehen, der Rhythmus galoppiert daneben her, die E-Gitarre schunkelt fest navigierend im Sattel. Spätestens wenn ‚Small Plane‚ sich zu einem berührenden, mit spartanischsten Mitteln auskommenden als Klangfluß – man würde ja „-meer“ schreiben wollen, nur käme dies weder der kreierten Intimität des Songs entgegen noch dem so treffenden Plattentitel – zu perlen beginnt, Callahan „I really am a lucky man“ sinniert und sich auch trotz seiner typischen Grundniedergeschlagenheit genau so anhört, da darf durchaus die Frage am Raum stehen ob der große Liedermacher aus Amerika schon jemals derart butterweich, geschmeidig und bei sich selbst angekommen geklungen hat, ‚Dream River‚ nicht wirklich sein bisher zärtlichstes, offenstes und versöhnlichstes Werk geworden ist.
Oft scheint ein Windstoß genügen zu können, um die nicht filigranen, aber stets unmuskulösen Songs von ‚Dream River‚ in ihre sparsam arrangierten Einzelteile zu zertragen. Zusammengehalten werden sie von Callahan selbst, der hier sich hier Texte zugesteht wie „And all I want to do is to make love to you/ With a careless mind„, „I’ve got limitations like Marvin Gaye / Mortal joy is that way“ oder „We call it spring though things are dying/…/ The door I walk through and I see/ The true spring is in you„, beizeiten augenzwinkernder, aufgeschlossener als sonst, nicht weniger unverrückbar. Nur selten drohen die Dinge aufbrausend zu werden wie im dichten ‚Summer Painter‚, nicht immer ist das Geschehen derart nachdrücklich positioniert wie im jazzig verspielten ‚Seagull‚ – mit ruhiger Hand führt der 47 jährige jedoch durch eine zu jedem Zeitpunkt zeitlose Platte.
Längst spielt Callahan dabei in seiner eigenen Liga, bewegt sich behände zwischen Americana, Folk und Country, auf ‚Dream River‚ immer auch in Richtung zurückgenommenen Bossanova schielend, den Lounge-Modus argwöhnisch betrachtend aber mit südamerikanischem Grundtenor flirtend. Mit dieser in sich ruhenden Baritonstimme, die direkt die Seele streichelt und einer Platte, die eben mehr noch als der dunklere Vorgänger ‚Apocalypse‚ versucht, dem hauseigenen Zenit ‚Sometimes I Wish We Were an Eagle‚ auf eigenen Bahnen zu begegnen. Dem meisterhaft unspekatakulär spektakulären Songwriting fügt Callahan dafür letztendlich nur kleine Akzentvariierungen – und diese vor allem in der ersten Halbzeit – bei: richtig so, zu nahe ist das alles ohnedies längst an der Formvollendung. Als schweichelweicher Easy Listening-Barde des Americana schmückt dieser Mann mit der eindringlichen Schönheit ‚Dream River‚ sein eigenes Denkmal weiter aus.
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