Big Thief – Demos Vol. 1 – Topanga Canyon, CA – Feb 2018

von am 20. April 2020 in EP

Big Thief – Demos Vol. 1 – Topanga Canyon, CA – Feb 2018

Kaum zu glauben, aber Big Thief haben nach ihrem 2019er-Doppel aus U.F.O.F. und Two Hands sogar noch unveröffentlichtes Material auf Lager, wie Demos Vol. 1 – Topanga Canyon, CA – Feb 2018 beweist.

Dass die fünf nun nachgereichten Songs überhaupt veröffentlicht werden, könnte zwar locker auch qualitative Gründe haben, geschieht dann aber vor einem karitativen Hintergrund, wie Big Thief erklären: „We spent the month of February 2018 in a cabin in Topanga Canyon, California, recording 34 demos that were boiled down to become UFOF and Two Hands, and we’re bringing a handful into light now to share with everyone. We chose 5 of our favorites – none of which appear on any Big Thief records and a couple of which appear in different forms on Adrianne’s abysskiss. 100% of the funds we receive from this release will go to our faithful road crew, whose income has been impacted by the disruption in our touring schedule. They are the lifeblood of the Big Thief shows and we care so deeply for each and every one of them.

Zwei Songs stammen also von Abyskiss und zeigen dabei durchaus, wie wichtig die Band hinter Adrianne Lenker ist, um ihre Songs in die Spur und eine schlüssigere, handlichere Form zu bekommen. Das verhuschte Blue and Red Horses (Topanga Demo) arbeitet methodisch, der rumpelnde Rhythmus in seinem unagestrengten Groove und die beinahe Math-artig dem Folk nachspürenden Gitarrenlinie zirkulieren, strahlen aber eine absolut erhebende Leichtigkeit aus. In dieser vielleicht eine Spur zu repetiven Umgebung ist der Refrain zudem so unheimlich catchy, Facetten wie das Windspiel im Hintergrund lüften die Lockerheit weiter auf.
Abysskiss (Topanga Demo) beginnt vom Saitenspiel her wie eine Erinnerung daran, warum Mark Kozelek vor knapp einem Jahrzehnt ein Genie war; die Rhythmusabteilung darf wieder mit ihrer geschmeidig-nonchalanten Prägnanz aufzeigen, die dem konturlose Sinnieren von Lenker Halt gibt.

Äthetisch im übergeordnet homogenen Rahmen fügen sich die restlichen, nominell „waschechtenBig Thief-Nummern ansatzlos an diese bereits bekannten Stücke. Mermaid (Topanga Demo) beginnt wie ein insgeheim lange bekannter, aber vergessener Schatz aus den 70ern. Die Melodie bleibt ein bisschen unverbindlich, driftet entspannt durch eine sanfte Freiheitsliebe und findet nicht auf den Punkt, doch das geht alleine schon im Kontext dieser Veröffentlichung klar.
Das herausragende Over (Topanga Demo) lehnt sich in einen sehnsüchtigen Americana zurück, wie auch Tom Petty dies in seinen melancholischsten Momenten machen hätte können – nur dass das unkonventionelle Gitarrenspiel hier doch ein wenig kantiger neben der Spur liegt und die Nummer damit durchaus auf Two Hands positionierbar gewesen wäre.

Live Young (Topanga Demo) nimmt das Tempo dann zum Abschluss vollends heraus, driftet mit geschlossenen Augen gedankenverloren durch ein kontemplatives Meer der Zurückhaltung, mäandernd und strukturoffen, ohne Ziel und vergänglich – und lässt deswegen auf reizvoll-frustrierende Weise offen, ob die Band selbst überhaupt Zugriff auf das Stück hat oder will.
Ebenso unklar bleibt vorerst, ob es, obgleich der Titel entsprechendes durchaus suggeriert, hiernach noch weitere Demo-Veröffentlichungen aus dem Nachlass der Big Thief-Werke 3 und 4 geben wird.
Was allerdings durchaus erwünschenswert wäre, auch wenn den Stücken von Demos Vol. 1 – Topanga Canyon, CA – Feb 2018 natürlich der Feinschliff der regulären Studionummern fehlt, nichts hier das überragende Niveau der besten Album-Highlights erreicht. Daran sollte man diesen angenehm ungeschliffenen, herrlich warm und nahbar klingenden Appendix aber ohnedies nicht messen: Big Thief haben immerhin waschechte Rohdiamanten in der Restekiste, für die andere Bands wohl ihre Road Crew verkaufen würden.

Print article

1 Trackback

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen