Biffy Clyro – Black Chandelier
Biffy Clyro produzieren immer noch deutlich mehr Songs, als ihre Alben beherbergen können. Daran ändert offenbar auch der bald folgende Doppelschlag aus ‚The Sand at the Core of Our Bones‚ und ‚The Land at the End of Our Toes‚ unter dem ‚Opposites‚-Banner nichts.
Als eine Art kurzfristigen Teaser schüren die drei Schotten deswegen ein annehmbares Paket, das klar in der Tradition all der unzähligen Singles steht, die Biffy Clyro mit jedem neuen Studioalbum unter das treue und stetig wachsende Fanvolk schwemmen. ‚Black Chandelier‚ folgt so als erste Auskoppelung der selben Richtung, die bereits der frühe Vorabbote ‚Stingin‘ Belle‚ eingeschlagen hat – also jener, die Produzent Garth „GGGarth“ Richardson seit dem Major-Einstand und kommerziellen Durchbruchswerk ‚Puzzle‚ in einer gesteigerten Massentauglichkeit mitdefiniert hat. Ein bisschen getragener als das sofort mit der Tür ins Haus krachende ‚Stingin‘ Belle‚ ist das von ‚Folding Stars‚ inspirierte ‚Black Chandelier‚ geworden und gönnt sich an Extravaganzen bloß den vokalen „Drip, Drip, Drip„-Part. Ansonsten verdeutlichen Biffy Clyro, dass es ihnen ernst damit sein dürfte, dass zumindest ‚The Sand at the Core of Our Bones‚ eine sofort packen sollende Songsammlung ohne große Experimente oder Wagnisse sein wird. Aber eventuell – wenn man eben ‚Stingin‘ Belle‚ und ‚Black Chandelier‚ als Gradmesser her nehmen kann – eine ähnliche Hitmanifestation zwischen mitreißend, kompakt und hymnisch wie ‚Only Revolutions‚ vor dreieinhalb Jahren.
Dass Biffy Clyro mit jenem Werk der restlose Sprung in die Wahrnehmung von unzähligen Freunden hochmelodischer Rockmusik gelungen ist, davon zeigt dann am anderen Ende dieser ausgedehnten Single der große ‚Black Chandelier‚-Bruder ‚Many of Horror‚ im Livegewand von Rockness. Da ist die Stadionrockband Biffy Clyro absolut in ihrem Element und noch mindestens 5 Stufen epischer am Werken als bei der aktuellen Auskoppelung. Sänger Simon Neil und das textsichere Publikum teilen sich die Gesangslinien fair auf, da kann es einem schon einmal kalt den Rücken hinunter laufen, wenn dieser motivierte Chor die hymnische Melodie stemmt. Wer genau eine neuerliche Liveaufnahme von ‚Many of Horror‚ letztendlich – und vor allem nach ‚Revolutions: Live at Wembley‚! – aber tatsächlich braucht, kann das überflüssige Anhängsel hier nicht klären. Vielleicht Anhänger einer weniger steril ausproduzierten Soundkulisse.
Am interessantesten gestaltet sich trotzdem der exklusiv gehaltene Mittelteil. Dass Biffy Clyro auf den zahlreichen B-Seiten ihrer Veröffentlichungen in den letzten Jahren auch viele ihrer besten Songs jüngeren Datums geparkt haben sollte sich ja mittlerweile herum gesprochen haben. Bleibt abzuwarten, wie sich ‚The Rain‚ und ‚Thundermonster‚ in Relation zum Material des kommenden Doppelalbumd schlagen werden – schon jetzt kann aber behauptet werden, dass sich Ausschussware anders anhört. Denn wo ‚Black Chandelier‚ der saubere Quotenohrwurm ist, sind die beiden beigepackten Songs zwar nicht wirklich kratzbürstiger, jedoch dezent unkonventioneller und weniger auf Charterfolg getrimmt. ‚The Rain‚ macht also die zurückgenommene Ballade mit fettem Akzent und perlendem E-Banjo, die sich vor allem in ihrer simplen Schönheit ohne allzu große Anstrengung suhlt, doch beinahe zu kurz um sich vollends entfalten zu können. ‚Thundermonster‚ deutet dann proggige Umständlichkeit an, macht aber doch lieber den nicht zu simplen Rocker. Und natürlich: schwer machen es Biffy Clyro weder sich selbst noch Langzeithörern mit der Nummer, näher dran an ‚Blackened Sky‚ sind sie mit diesem potentiellen Hit dennoch als alles, was sich auf ‚Only Revolutions‚ befand. Seinen Zweck abseits des üblichen Songausmistens errfüllt die ‚Black Chandelier‚ Single/EP damit letztendlich nur zu gut, ohne bedingungslos begeistern zu müssen: die Vorfreude auf ‚Opposites‚ wächst mit der Gewissheit, dass Biffy Clyro auch im sechsten Anlauf wohl wieder nichts falsch gemacht haben werden.
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