Bible Black Tyrant – Encased in Iron
Bible Black Tyrant sind kein Einwegprodukt mehr, schrauben aber sowohl die personelle als auch das musikalische Bandbreite auf dem irgendwo wie ein Übergangs-Intermezzo anmutenden Encased in Iron zurück.
Selbst unter den unzähligen, ausnahmslos starken Projekten von Aaron D.C. Edge war das Bible Black Tyrant-Debüt Regret Beyond Death im Jahr 2018 ein klares Karriere-Highlight. Sehr erfreulich also, dass sich der Dauerbeschäftige durchgerungen hat, das ursprünglich als Lumbar-Nachfolger konzipierten Projekt fortzuführen – obwohl Edge diesmal bis auf die von Eagle Twin-Kumpel Tyler Smith eingespielten Drums das gesamte Instrumentarium (Guitar, Bass, Cello, Midi, Vocals) selbst übernommen hat, da der bisher offiziell ohnedies nur als Erfüllungsgehilfe ausschmückende David S. Fylstra dem Beipackzettel nach nicht mehr ergänzender Teil der Band ist, seine Abwesenheit aber durchaus eine schmerzhafte Reduktion der Texturen, Tiefe und Sogwirkung nach sich zieht.
Vielleicht hat die Form von Encased in Iron auch deswegen nur für 26 Minuten gereicht, wodurch sich das Zweitwerk der Band damit eher wie eine EP, ein Überbrückungswerk anfühlt.
An der crust-affinen Melange aus nihilistischen Doom Metal und ungemütlich gegen den Strich gebürsteten Sludge an sich hat sich wenig geändert, wie auch die Anleitung zur aggressiv durch den Morast pflügenden Platte erklärt: „Encased in Iron focuses on the torture that is human existence. A black curse, whispered perverse by loved ones that spit on us. Tasting bile, and the salt of our own tears in this vault. Savoring our own severed tongues. Trying to utter sounds while boiling. Do you know how you taste while trapped and locked in a box? As the steel heats, bravery is replaced with fear. Life in the iron cage, with little air to breathe, starving. We are mistreated and then forgotten, that is the human experience”.
Die kurze Spielzeit entwickelt sich dabei gleichermaßen zur Crux, wie doch auch zu einem fokussierenden Katalysator für das finstere Gebräu von Bible Black Tyrant. Denn wo Encased in Iron einerseits nicht die erschöpfende, weitläufig ausformulierte Masse des Debütalbums erreicht, eher asketische Andeutung einer entschlackten Finsternis bleibt, mit einer aufgeräumten Rohheit aber auch eine beklemmende Direktheit praktiziert, die näher in den balastfreien Wirkungsbereich des Duos zieht, wirkt das Zweitwerk damit auch elementarer auf seine essentielle Substanz konzentriert – zudem weitestgehend wie Exerzitien aus einem Guß, ohne Nahtstellen in einem kohärenten Zug eingespielt, der zu einem in sich geschlossenen Rausch verschwimmt – als würde man von der Band unmittelbar im Proberaum in die Ecke gedrängt werden.
Einzig – und ausgerechnet – die eruptiv speiende, ideal gewählte Vorabsingle Valorous fällt durch ein minimales Detaim aus diesen Sog, wenn sich die tollwütigen Saiten mit gestörtem Harmoniegefühl über schubartig polternde Drums quälen, in der ungewohnten Griffigkeit an sich ein ideales Aushängeschild darstellen – im Kontext des Gesamtflusses aber zu abrupt enden, der Abspann mit Horror-Piano konsequentes in der Luft hängen gelassen wird. Was besonders ärgerlich ist, da dieses Fragment einfach nur faul die aufgegriffenen Fäden nicht zu Ende spinnt und für einen unnötigen Bruch in der Atmosphäre sorgt.
Abseits davon stellen Edge und Smith die Schrauben von Anfang an eng, geben keinen Raum zum legeren Verschnaufen. A Snowflake of Death’s Denial täuscht etwa ein bedrohliches, gar cineastisches Ambient-Intro an, knüppelt diese jedoch schnell bieder. Dreckig, massiv und wuchtig ist das ekelige Riff, hat sogar etwas episches, windet sich, brüllt geifernd, malmend. Der brütende Groove kommt aus dem Noise Rock, hat etwas zutiefst böses, abgründiges. Und schon nach eineinhalb Minuten Spielzeit zeigt Encased in Iron damit mehr Wendungen, als anderswo ganze Platten, wenn alleine der Opener ein Leviathan im Todeskampf mit sich selbst ist – der zudem letztendlich einen absolut schlüssigen Bogen spannt.
Panic Inducer wächst als Herzstück aus der Distortion, aus dem atonalen Feedback, das im Gedenken an Khanate die Katharsis verbrennt. Bible Black Tyrant detonieren dabei permanent aufs neue, bleiben unberechenbar, feiern einen destruktiven Jam, in dem jeder fauchende Bestandteil gegeneinander arbeitet, bevor die Nummer am Ende in einer schwarzen Höhle ausblutet.
Infinite Stages of Grief lässt danach gar eine psychedelische Melodik episch schiebend zu, ist jedoch keine gemeine Finte, weil das martialische Sickening Thrum durchaus eine gewisse Form der Zugänglichkeit in einer hymnisch skizzierten Bösartigkeit zulässt, sich nicht im Äther auflöst, sondern bedrohlich aufbäumt.
Es hilft gerade deswegen alles nichts – Encased in Iron zieht sich nach nur fünf Nummern justament dann zurück, wenn Bible Black Tyrant wieder ihre Betriebstemperatur erreicht und ihren ureigenen Vortex aufgestellt haben. Vielleicht ist das eine ultimativ bestrafende Verweigerungshaltung, die ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis provoziert, darüber hinaus allerdings auch ein latent frustrierender Hang zum fragmentarischen Intermezzo trägt – dessen Fortsetzung (mehr noch als nach dem epochaler auch für sich selbst stehend gekonnt habenden Debüt) kaum rasch genug folgen kann.
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