Benjamin Lackner – Spindrift

von am 21. Januar 2025 in Album

Benjamin Lackner – Spindrift

Mit einem neuem losen Kollektiv – diesmal gesellen sich zu alten Bekannten (Matthieu Chazarenc am Schlagzeug und Trompeter Mathias Eick) Bassistin Linda May Han Oh sowie Saxophonist Mark Turner – hat Pianist Benjamin Lackner in der Provence mit Spindrift gewissermaßen  die Fortsetzung des 2022er Vorgängers (respektive Trio-Abschieds) Last Decade aufgenommen.

Das Ensemble folgt der leitenden Interaktion der Bläser vom Titelstück weg sanft und nostalgisch in eine romantisch geglättete Wohlfühlzone des Jazz, die sich bittersüß aus der Zeit gefallen verträumt treiben lässt, bis der Kontrabass zur Mitte einen intrinsischen Zug auslöst und die Instrumente ihre Schicksale in die eigenen Hände nehmen. Den selben Kniff nutzt auch das grundlegend düsterer, beunruhigender schraffierte Mosquito Flats, das seine zweite Jälfte mit einer versöhnlich schunkelnden Feierlichkeit einläutet, eine fast schon ausgelassene Kommunikation mit latenter Unberechenbarkeit im instrumentalen Portfolio weckt, das immer lebendiger und aufgeweckter agiert.
More Mesa flaniert ebenso zauberhaft im wundersames Staunen inmitten der abgeklärten Souveränität, und blüht wie alle Nummern der Eingangsphase im Verlauf auf, ohne sich zu hetzen oder überschwänglich zu werden.

Am Ende der Platte wirkt das Trio aus dem geschäftigen Anacapa, dem rotweinschweren Abgang Ahwahnee und dem schwermütig sinierenden, versöhnlich zur Ruhe gelegten Out of the Fog weniger wie eine Variation derselben Triebfeder, als eine handlungsgetriebene, durchgehende Suite.
Dazwischen tänzelt Chambary schneller zum Punkt kommend kompakter, schleicht See You Again My Friend wunderbar melancholisch und verletzlich, und plätschert die Elegie Murnau gedankenverloren dahin, bevor die sinistre Unbeschwertheit Fair Warning ganz explizit zeigt, dass Spindrift weniger eine Genre-Platte für die eigene Katharsis ist, als eine klangtechnisch wunderbar organisch und warm eingefangene, angenehm im reibungslosen Nebenbei zu konsumierende, relativ barrierefreie Platte ist. Sie tiefer schürfend zu ergründen ist möglich – dennoch bleibt das Gefühl, dass sie ihre elementaren Vorzüge schon an der verführerischen Oberfläche offenbart.

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