Ben Folds – Sleigher
Eigentlich bereits Ende Oktober veröffentlicht, ist die Zeit mittlerweile doch reif für Ben Folds und sein (insgesamt sechstes Solo- und erstes) Weihnachtsalbum Sleigher.
Wobei: für Xmas Aye Aye wird die Zeit wohl niemals passen. Immerhin ist der mit Spoken Word-Szene eingeleitete AI-Song als Funky Poprock aus der Dose eine einzige Vollkatastrophe und ein heißer Kandidat für den schlechtesten Song, den Ben Folds jemals veröffentlicht hat.
Schlimmer noch: er fällt auf Sleigher auch noch dermaßen unpassend aus dem Rahmen, dass er die sonst angenehme Stimmung der Platte (die direkt davor durch den glatten Acapella-Einstieg der Formatradio-Gefälligkeit The Bell That Couldn’t Jingle ohnedies schon ein paar zu polierte Schrammen bekommen hat, die von Burt Bacharach nicht unbedingt gefallen dürften) hinten raus zerstört und nach einer ersten schockierenden Begegnung fortan relativ unhörbar ist.
(Das kostet dann übrigens auch einen Punkt bei der grundlegend wohlwollenden Bewertung, die mittlerweile mit Vorweihnachtsbonus ausgestattet daherkäme).
Mit zwei wohltemperierten Instrumentals (Little Drummer Bolero und dem verträumt aus seinem warmen Zimmer dem Treiben in der Kälte vor dem Fenster zusehenden Waiting for Snow) macht Sleigher ansonsten wenig falsch.
Gut, manche Songs sind etwas zu lang ausgefallen und ein Jahr nach dem nicht von ungefähr ziemlich untergegangenen Comebackalbum What Matters Most ein gefälliger, offenbar weitestgehend von der Allgemeinheit vergessener Schatten seiner Pre-2006er-Großtaten. Wobei sein Weihnachtsmaterial mit geschmackvoller Hand als saisonale Funktionsmusik Effektivität zeigt.
Folds schunkelt Sleepwalking Through Christmas, nett und angenehm samt Mundharmonika-Nostalgie und einem Anspruch für einen Platz auf persönlichen Festtags-Compilations, wie auch das im Gemeinschaftsgefühl You Don’t Have to Be a Santa Claus (aus der Feder von Seger Ellis) derart entlässt, um neben der Hintergrundbeschallung heimeliger Familienabende einen bezaubernden Kaufhaus-Soundtrack abzugeben oder die musikalische Begleitung seichter Komödien einen charmanten, sympathischen Anstrich zu verleihen.
Me and Maurice fügt seine melancholische Sehnsucht zu zurückhaltend kitschigen Streichern und Christmas Time Rhyme schwirrt angejazzt durch die Geschäftigkeit am Weihnachtstag, holt eine dezente Chor-Begleitung an Bord der Schlittenfahrt, bleibt aber selbst im Überschwang eine bestenfalls dünne Hymne.
Das romantisches gemeinte Duett We Could Have This schlägt mit/wegen Lindsey Kraft im überkandidelten Refrain über die Strenge und mit dem Klassiker The Christmas Song lüftet Folds dann auch noch das Klavier-konzentrierte instrumentale Spektrum der Platte, klimpert nachdenklich-bedächtig nur zur Begleitung und schippert schwelgend zum Mundharmonika-Solo. Ja, ohne Xmas Aye Aye wäre das zur seichten Banalität neigende Sleighter eigentlich eine wirklich gute Fingerübung für Folds, der im Zuge der Platte symptomatisch vom Dienst nach Vorschrift bei Auftragsarbeiten schwärmt.
Kommentieren