bEEdEEgEE – SUM/ONE
‚SUM/ONE‚ sei in einem Teil des Hirns entstanden, das gänzlich von seiner Stammband Gang Gang Dance isoliert ist, behauptete Brian DeGraw im Vorfeld der feuertaufe seines Solo-Projektes bEEdEEgEE vollmundig. Und irrt damit letztendlich.
„At least to begin with, I would recommend closing your eyes„, denn auch mit geschlossenen Augen lässt es sich tanzen. Was trotz der wie immer dezent verspulten Herangehensweise von Gang Gang Dance Gründungsmitglied DeGraw ein Haupanliegen hinter ‚SUM/ONE‚ war: bEEdEEgEE (die Namenswahl wirkt bei einem Blick auf die Initialen des Urhebers wohl weitaus weniger abtrus!) forciert Rhythmik, Dynamik, Bewegung – Songs für entrückte Clubs an dessen Eingang man sein Hirn nicht abgeben muss.
Entgegen jedweder Ankündigungen im Vorfeld speist bEEdEEgEE sein erstes Soloalbum aber durchaus mit den selben Zutaten wie seine Hauptband, obwohl DeGraw das Boards of Canada-Comeback gefeiert haben dürfte und die 80er ohnedies cooler findet als die 90er: experimentelle Synthieschichten sind da also auch in seinem Soloschaffen vorzufinden, tröpfelnde Keyboards und Pianolinien. Exzentrische Weltmusik mit dem Laptop gebastelt, aus zerhackt-stammen Beats wächst Electronica mit einer immanenten Sehnsucht nach Asien, dem Fernöstlichen, mit dem Anspruch Kunst zu schaffen.
Wenn sich ‚Helium Anchor‚ also nach klassischem Gang Gang Dance– Muster abzuheben beginnt, oder das abschließende ‚Quantum Poet Riddim‚ im Goonies-Zwielicht praktisch nahtlos in das Meisterstück ‚Glass Jar‚ überleiten könnte, führt bEEdEEgEE ein klein wenig auf die falsche Fährte: ‚SUM/ONE‚ ist natürlich eine solche Art Soloalbum geworden, dass in erster Linie Vergleiche mit der Hauptband des Protagonisten evoziert – und diesen vor allem nach einem Geniestreich wie ‚Eye Contact‚ nicht vollends standhalten kann. Es ist aber doch auch der ansatzweise geglückte Versuch angestammte Welten nicht zu verlassen, diese aber auszudehnen und durch neue Blickwinkel zu betrachten.
Eine zweifelhafte Ehre (beziehungs die ideale Bestätigung dass DeGraw einfach ein geborener Teamspieler ist) liegt darin, dass ‚SUM/ONE‚ seine stärksten – phasenweise überragende! – Momente immer dann erfährt, wenn bEEdEEgEE sich Gäste ins Studio geholt halt, Momente, in denen die Emanzipation von Gang Gang Dance gelingt – und nicht deren Schippe Geniewürze zu fehlen scheint). Douglas Armour etwa drängt das überragende ‚Empty Vases‚ weiter in Richtung betörende Sting-Erfahrung als das im Gang Gang Dance-„Korsett“ wohl jemals möglich gewesen wäre, während bEEdEEgEE unter Mithilfe von Lovefoxxx seine immanente 80er-Inspiration destilliert und aus ‚Flowers‚ eine sehnsüchtige Elegie in balladesker Drive-Manier mitsamt Doogie Howser in der Hauptrolle wachsen lässt.
Das Aushängeschild der saisonalen Hype-Band CSS ist dann auch am markantesten Song der Platte beteiligt, obwohl es der zweite Gast ist, der ‚(F.U.T.D.) Time Of Waste‚ über 7 Minuten seinen Stempel so markant aufrückt: Hot Chip-Obernerd Alexis Taylor dirigiert bEEdEEgEE mit pumpenden Technobeat und ausgelassener Parole („All I wanna do is fuck up the day!„) direkt auf die Tanzfläche und injiziert dem experimentellen Gemisch eine gehörige Portion Pop-Griffigkeit.
Und wie gut das ‚SUM/ONE‚ tut! Es kann deswegen nur eine Erkenntnis geben: bEEdEEgEE braucht es schlicht, handliche Daumenschrauben umgelegt zu bekommen, um sich nicht ziellos in der Ungezwungenheit zu verzetteln.
Aus dem irritierenden Gewirr voller kruder Beats und anmutiger Schmusegesänge in ‚Overlook‚ hätten andere nämlich wohl ein gemütliches Stück versöhnlichen Dubsteps gezimmert, wohingegen ‚Bricks‚ durch genug Ideen für 5 Songs aus 1001er Laptopnacht schwindlig zu werden droht. Der Beat von ‚Like Rain Main‚ gibt sich direkter, weniger wandernd, als vieles von Gang Gang Dance – freilich nur bis De Graw einen esoterischen Schleier über das Geschehen legt und plötzlich sogar Bandkollegin Lizzi Bougatsos über das Geschehen gleitet. Hier zeigt sich dann auch am deutlichsten, dass bEEdEEgEE nicht über die ganze Distanz auf Augenhöhe mit seiner regulären Beschäftigungsstelle agiert. Dennoch gilt der Grundsatz: selbst schwache (potentielle) Gang Gang Dance-Momente sind stärker als Höphepunkte so mancher Kollegen. Und schwerer als der permanente Vergleich mit DeGraw’s sonstigen Arbeiten wiegen auf ‚SUM/ONE‚ ohnedies die vereinzelten Sternstunden. Darauf lässt sich aufbauen.
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