Bear’s Den – Red Earth and Pouring Rain
Mit ihrem anmutigen Debüt Islands haben sich Bear’s Den 2014 erfolgreich im generischen Niemandsland des so austauschbaren wie wohlfeinen Zeitgeist-Folk positioniert. Da erscheint die stilistische Neuausrichtung für Red Earth and Pouring Rain zumindest auf dem Papier als so ambitionierter wie durchaus erfreulicher Ansatz.
Schon das vor plakativ designtem Sendebewusstsein und neongrellem Drive in die 80er tragende Cover legt dann aber bereits die Befürchtung nahe, dass Bear’s Den für Ihr Zweitwerk nur einen klischeehaften Zugang gegen den nächsten getauscht haben könnten. Und tatsächlich: Red Earth and Pouring Rain greift an allen weichgespülten Ecken und glatten Enden auf die erwartbar ausschmückende Synthies zurück, schraubt den Folk des Debüts bis auf wenige Ausnahmen (das betörende New Jerusalem etwa, die Lagerfeuer Miniatur Greenwoods Bethlehem mit seinem Kate Bush-Schatten) zugunsten eines funkelnden Pop-Zugangs zurück, der sich mit sakraler Geste und deutlicherer Indie-Kante weitestgehend in die Radiotauglichkeit einreiht (wobei die Tourkumpel von Mumford & Sons hier in Sachen Understatement – siehe etwas Broken Parable – trotzdem noch etwas lernen können und die Snow Patrol für eine kleine Hintertür-Hymnen wie Gabriel mittlerweile wohl töten würden) und hinter den Texturen geradezu frech den eklektischen Sound von The War on Drugs kopiert: Die Gitarren hallen bereits im eröffnenden Titelstück und dem nachfolgenden Emeralds offen über dem davonlaufenden Beat, die Keyboardteppiche grundieren mit ätherischer Breite.
Ein Entwicklungsschritt, der Bear’s Den als immer schon marktwirtschaftlich flexibel zum Trend hin denkend agierende Band zu erkennen gibt, seine Beweggründe aber vor allem aus einer Notwendigkeit heraus bezieht: Die forcierten Änderungen im Trend-Sound sollen den Weggang von Gitarrist Joey Haynes kompensieren, der die Band kurz vor den Aufnahmen offenbar mit den wirklich markanten und nachwirkenden Melodien verlassen hat – was die ätherisch inszenierten und einen wohligen Schönklang ausstrahlenden, aber im Grunde belanglos bleibenden Synthie-Arrangements und nichtssagenden Keyboardflächen letztendlich einfach nicht kaschieren können. Der neue Klang ist hier also nur Symptom, nicht das eigentliche Problem.
Paradoxerweise ist sogar gerade die daraus generierte melancholische Mitternachts-Stimmung und die umspülende Synthie-Ästhetik letztendlich sogar die eigentliche Stärke einer homogenen Platte, die ungeachtet zahlreicher langweilend leerlaufender Phasen (in der nicht einmal ein Singleaspirant wie Auld Wives wirklich zupacken kann) und enttäuschender Spannungsbogenauflösungen (Dew on the Vine) sehnsuchtsvoll in den Arm wiegen kann, mit all diesen dahinträumenden Schwelgern und akustischen Trostpflastern (das ereignislos-minimalistische Soundscape-Meer Love Can’t Stand Alone). Nur fährt Red Earth and Pouring Rain hinter dieser durch und durch angenehm zu hörenden Ausstrahlung eben nur selten einen relevanten Mehrwert auf, stemmt den assoziativ verankerten, aber sein Gewicht nur vortäuschenden Sound mit kaum Substanz in den Kompositionen dahinter. Das ist keine Oberflächlichkeit per se, aber eben mehr Schein als Sein.
Wodurch sich auch verdeutlicht, dass es der Band seit jeher an unverkennbarem Charakter, Eigenständigkeit und Originalität gefehlt haben mag, nun aber auch die Faktoren Inspiration und Songwriting auch deutlich nicht mehr zu den Stärken der Londoner zählen. Auf Red Earth and Pouring Rain plätschert nun nämlich alles, berieselt, wird zur bedeutungsschwangeren Nebensächlichkeit. Angesteuerte große Gesten stellen sich als überhöht lamentierende Gestik heraus, die stets streichelt, aber am Ende unverbindlich bleibt und damit beiläufig nebenher perlt. Was Bear’s Den aus dem Fahrwasser der Konsens-Kollegen abhebt, ist bis auf weiteres zumindest noch das Gespür für eine atmosphärische Nahbarkeit.
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