Beak> – >>>>

von am 5. Juni 2024 in Album

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Auch ohne den tollen Überraschungseffekt einer Guerilla-Veröffentlichung (und passenderweise nur kurz nach dem Quasi-Solodebüt von Beth Gibbons) hätten Geoff Barrow, Billy Fuller und Will Young mit >>>> das bisher beste Beak>-Album auf die Welt losgelassen.

Interviews mit Barrow zu lesen lohnt sich bekanntlich ebenso, wie seinem brillanten Instagram Acount zu folgen, erklärt der Mann aus Bristol dann doch Dinge, wie eben den aus dem Nichts kommenden Release der Platte („What happened with the industry after Covid was, ‘We need to sell the album upfront to get it into shops, and this is the way it has to be, and it has to be on a Friday,’” he says. “Fuck off! We run our own label, you can’t tell us what to do!”) oder den famos instinktiv und spontan eingefangenen Sound der Platte, der immer wieder spontane Gesprächsfetzen in der auf Perfektion verzichtenden, aber auf viel Nahbarkeit setzende Produktion belässt.

I’m a firm believer that if people can hear a song, it doesn’t need to be made into a top-quality recording,” Barrow says. “If we listen to jazz from the 1920s, it’s rough as fuck – but that stuff has an atmosphere, and to get rid of that’s a real shame.” So, those elements of noodling and chatter stayed. “People who like music like Beak> don’t need it sanitised.”
“It’s good for the listener to be reminded it was a moment in time that got captured,” Young adds. “If a drum take has a good vibe and sounds good, and you can hear people arguing about tea over the top, it doesn’t really matter – we’ll keep that.”
Barrow agrees. “We’re not fucking Imagine Dragons are we?”

Nein, mit den Imagine Dragons hat dieser Trip durch die Post-Sphären des Krautrock und Space-Psychedelik wahrlich nichts zu tun, in denen das Trio die Dinge verselbstständigt laufen lässt, dabei aber stets klassisches Songwriting den Jam dominieren lässt.
Das ist, noch vor dem grandiosen Cover-Artwork, einer der Gründe, warum wir es hier, wie eingangs erwähnt, mit dem bisher beste Beak>-Album zu tun haben. Ein anderer ist, damit Hand in Hand gehend,  dass die Briten noch auf keinem Vorgänger derart viele grandiose Szenen so nahtlos aneinandergereiht haben.
Oft liegt dies vordergründig an den fabelhaft markant groovenden Bass/Schlagzeug- Grundierungen von >>>> – man höre bitte vor allem das Jenny-Was-a-Friend-Of-MineSchnepfen des nervös konterkariert dem kalten Industrial Disco-Wärme beibringenden, stoisch zum Monolithen neigenden Monster Secrets: eine wahre (jedoch von Barrows verachtete Und deswegen keinen Platz auf der Vinyl-Ausgabe findende) Tieftöner-Sternstunde!
Aber auch, dass Beak> mit detaillierten, subversive Spannungen erzeugenden Texturen fesseln und fiese in einem starken Sequencing und fabelhaften Fluß verweben, spielt der Platte freilich in die Karten.

Wie Strawberry Line hinter einer Orgel und dem entrückten Gesang also langsam aus der Andacht als Tribut an Barrows verstorbenen Hund Alfie (der Eggdog, der am Cover auch Laserstrahlen über der Bristol’s Clifton Suspension Bridge verschießt) und seine kurbelnd modulierte Dynamik erst lange in den Hintergrund einspielt, bevor die Nummer smooth an Fahrt aufnimmt und als eine psychedelisch erhebende Hippie-Dystopie dabei methodisch in Wahn abdriftet. The Seal läuft dort neben der Spur weiter wo Silence vor über 16 Jahren herkam und hinging, nuschelt sich Carmina Burana paraphrasierend in der Diskrepanz aus mysteriöser Lethargie und kompaktem Zug träge an eine sedativ hibbelige Form des Pop (wohin das ruhige Herzstück Hungry Are We später übrigens auch ziehen wird, wenngleich komplett entschleunigt, ruhig, elegisch und verträumt – nur im Finale twistend tänzelnd).
Das dissonant aus der Form laufende Windmill Hill ist dagegen eher eine kompakte Homage an die schmissigen 60 im Delirium und das kontemplative Denim torkelt zielbewusst gewissermaßen an der verletzlichen Ballade im anachronistischen Apokalypse-Cinemascope einer verblichenen Erinnerung entlang: eine unterschwellige Tragödie, in der der minimalistische Rhythmus einen bar jeglicher Kraft siechenden Körper in quälender Ruhe langsam seinem Ende schleppendend antreibt – bevor die Band überraschend im bratzenden Jam-Rock ausfranst.

Der zurückgelehnten Groove von Ah Yeh hat etwas ritualistisches, wie somnambule Goat, die langsam in einem halluzinogenen Nebel verschwinden – und sich in überarbeiteter Version außerdem redlich einen Platz abseits der B-Seiten-Nische verdient. Wenn Bloody Miles danach sein Intro als oszillierend schimmernder Ambient erst nach langer Vorlaufzeit kippt, als würde man sich in folkiger Entspannung auf die Action eines 70 Heist-Movies vorbereiten, bevor Cellophane behäbig entschleunigt durch sinistre Gassen für einen anschließenden Ausbruch stapft, sind das keine Verrenkungen auf Kosten der Instinktivität. Das motivierte Songwritung und die melancholisch entrückte Atmosphäre gehen auf dieser konstant hochklassigen Platte Hand in Hand, lassen wie in halbschlafender Trance in seinen aus Raum und Zeit gefallenen Sound eintauchen, um dort mit einer Stafette an vage eingefangenen Instant-Ohrwürmern ein homogenes Momentum zu erzeugen.
Womit sich >>>> in vielerlei Hinsicht wie ein pointierter greifendes Update zu seinem direkten Vorgänger anfühlt, Gegensätze auf einen Nenner bringt, und es deswegen auch so viel Sinn als Analyse ergibt, wenn Young sagt: „We are quite sad people a lot of the time, but we do also enjoy playing music with each other, so you get that funny juxtaposition: sad people making sad music, but having a really good time.

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