Beach House – Bloom

von am 10. Mai 2012 in Album, Heavy Rotation, Reviews

Beach House – Bloom

Beach House verteidigen den Platz, den sie sich spätestens mit ‚Teen Dream‚ in den Herzen unzähliger Popfans eingenommen haben mit einem Musterbeispiel in Sachen Stiltreue und Konsensfähigkeit.

Kann man ‚Bloom‚ bedingungslos vom ersten Moment weg verfallen, obwohl es sich keinen Millimeter aus der bisherigen Discographie des amerikanisch-französischen Duos bewegt – oder muss man es sogar gerade deswegen? Fakt ist: ‚Bloom‚ klingt wie ‚Teen Dream‚ klingt wie ‚Devotion‚ klingt wie ‚Beach House‚ – eben zu jeder Sekunde formvollendet nach Victoria Legrand und Alex Scully. Das Duo arbeitet beständig daran die Paradeband des Dream Pop zu bleiben, hat sich längst eine gewisse Form der Unfehlbarkeit einverleibt und zeigt  in dieser Konsequenz Parallelen zu anderen Genrekaisern wie Mogwai . Beachtlich jedenfalls , dass Beach House im Breitwinkel von Album zu Album besser in dem werden, was sie tun. Auch, wenn ‚Bloom‚ im Fokus auf die Songs erstmals keine Leistungssteigerung im Vergleich zum direkten Vorgänger vorweisen kann, dafür aber das Gesamtwerk deutlicher vor Augen hat und das vorgegebene Niveau zudem spielend weiterführen kann – was man nach einem Album wie ‚Teen Dream‚ nicht unbedingt voraussetzen müsste. Für viereinhalb Minuten halten Beach House sogar die Illusion aufrecht, dass das alles noch besser und schöner und großartiger geht als bisher. Nämlich, wenn das eröffnende ‚Myth‚ nahtlos an ‚Teen Dream‚ anknüpft, das markierte Territorium aber gar  erhabener abmarschiert als alles bisher von der Band erdachte und dazu sogar noch Haken schlagen kann: eine ergreifende Heimkehr in die zelebrierte Sehnsucht.

Es würde noch immer nicht funktionieren, über Beach House zu schreiben, ohne den leicht verwaschenen Klang des Sounds hervorzuheben, die glasklar perlenden Gitarrenmelodien als mystisch und erhaben zu bezeichnen. Über den verträumten Gesang Legrands als entrückt und unnahbar zu schwärmen, wie da die emotionalen Sinnfragen unter ihrem mächtigen 80er Pony hervortreten. Wieder klingen die wehenden Shoegaze-Gitarren, als würden sie mit Samthandschuhen gespielt, sie müssen sich durch tonnenweise Hall und Reverb ohne Kraftanstregung hindurchschwindeln, stehen neben den klickernden Drumcomputer und den weit offenen Synthiearrangements, die psychedelisch all die treffsicher verschlummerten Ohrwurmschmeichler fluten. Hektik kennt ‚Bloom‚ keine. ‚Lazuli‚ wandelt durch ferne Orte und gönnt sich ein ‚The Secret of Mana‚ Intro bevor der Song Fahrt aufnimmt, das Idealbild eines harmonischen Popsongs fantasiert. Beach House spielen sich unangestrengt durch ein dicht gestaffeltes Hit-Potpourri, die Highlight schieben sich so beiläufig aneinander vorbei dass man am Ende den zweiten wahrhaftigen Übersong beinahe übersieht. ‚Irene‚ nimmt sich auch ohne den angehängten Bonus Track ‚Wherever You Go‚ länger Zeit als jeder andere Song der Band, walzt die akustische Slow Motion Umarmung der Band noch intensiver aus und entlässt in eine trügerische Glückseligkeit – liebäugeln die beiden im Abgang der Platte etwa nicht ohnedies mit Post Rock Anleihen?

Immer wieder justiert die Gitarre auf ‚Bloom‚ vollständig losgelöst und ohne doppelten Boden. Beach House machen zwischen der luftigen Melancholie die derzeit vielleicht ansprechendste Wohlfühlmusik da draußen. Mit Konsensplatten für die Indiekids, die sich aus dem friedlichen Schlummer zurück in den Wachzustand tragen lassen; für Popfans, die über sommerlich sonnengefluteten Wiesen den Mond aufgehen sehen wollen; für Verliebte auf den Konzerten, die sich im künstlichen Nebel noch inniger in die heimelige Atmosphäre verlieren; und für all die Zuhause gebliebenen, die sich als einhüllende Hintergrundbeschallung nichts angenehmeres vorstellen können, als diese gewichtig treibenden Songjuwelen. Wer da nicht aufpasst, kann das freilich schnell als allzu gefällige Ereignislosigkeit abtun. Letztendlich nimmt ‚Bloom‚ die schwere Hürde ‚Teen Dream‚ aber gerade durch sein makelloses Songwriting, Beach House verstehen sich mittlerweile blind darauf, ihre Vorzüge perfekt in die Auslage zu kehren. Ob das nun schüchtern durch die Hintertür marschiert wie ‚Wishes‚, oder geradezu frontal in die Alternative Charts drängt wie ‚New Year‚: Beach House treiben weiterhin stilsicher auf der Höhe des Dream Pop. Und krönen sich zum zweiten Mal hintereinander selbst als dessen derzeit souveränste Dienstleister.Kunst kommt in diesem Fall eben auch von Können.

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