Beach House – B-Sides and Rarities
14 Songs – von EP-Beiträgen, über Single-Tracks bis hin zu bisher unveröffentlichtem Material – haben sich bei Beach House in den vergangenen elf Jahren abseits ihrer sechs Studioalben angesammelt. Um die Suche nach diesen für Fans einfacher zu gestalten, compiliert das Dream Pop-Duo jeden einzelnen davon auf B-Sides and Ratities.
Gut, gänzlich vollständig ist die Resteverwertung aus dem Archiv im Grunde nicht geworden. Immerhin fehlen von der iTunes-Session der Band vier der damals insgesamt gespielten sechs Nummern – namentlich Walk In The Park, Silver Soul, Gila und Real Love. Das mag weniger deswegen irritierend wirken, weil zudem auch die Session für das (jüngst in die Kritik geratenene) Daytrotter-Portal keinen Platz auf B-Sides and Rarities fand, als vielmehr deswegen, weil die iTunes Session Remixe von White Moon und Norway (irritierend entschleunigt verschwimmt der Hit vor dem inneren Augen zum psychedelischen Schleudertrauma) eben doch vorhanden sind.
Sinn macht diese Auswahl allerdings wohl insofern, da Beach House die Tracklisten ihrer Veröffentlichungen nicht nach ökonomischen Standards bestimmen wollen: „It wasn’t the “best” or most catchy songs that made the records, just the ones that fit together to make a cohesive work.“ erklären Victoria Legrand sowie Alex Scally im Text zur Platte und berichten zudem (mal mehr, mal weniger) ausführlich über die jeweilige Entstehungsgeschichte hinter dem zusammengetragenen Material: „Our goal has never been to make music that is explicitly commercial. Accordingly, our B-sides are not songs that we didn’t like as much, just ones that didn’t have a place on the records we were making.“
Dass der Selektierungsprozess von Beach House also primär nichts mit der subjektiv beigemessenen Qualität oder der marktwirtschaftlichen Zugkraft der geschriebenen Stücke zu tun hat, sondern stets im Dienst des größeren Ganzen zu stehen hat, führt B-Sides and Ratities dann entweder auch anhand eines weitestgehend homogenen, non-chronologischen Gesamtflusses artig vor – oder aber dieser beweist im Umkehrschluss einfach nur, dass die Entwicklungsphasen der Band stets in arg überschaubaren Nuancen stattgefunden haben.
Wo auch immer die Wahrheit zu finden ist – einen solch runden Spannungsbogen wie etwa Dead in the Boot erzeugt B-Sides and Ratities ohnedies nicht. Dafür sorgen alleine die willkürlich wirkend eingetreuten iTunes-Sessions sowie die unstete Produktionsqualität der einzelnen Songs.
Dazu muss man dem Großreinemachen dann trotz aller Beteuerungen seitens der Band auch attestieren, dass die meisten der hier versammelten Nummern – so gut sie im direkten Vergleich zur Genre-Konkurrenz auch mitunter sein mögen – im direkten Umfeld der hauseigenen regulären Alben qualitativ doch abgefallen wären: Letztendlich sind es die zahlreichen Highlights der Platte, die B-Sides and Ratities über das Niveau der soliden Durchschnittlichkeit heben.
Die beiden unveröffentlichten Stücke Chariot (bedächtig perlt das elegisch fließende Aushängeschild um Synthieflächen, schwelgende Gitarren und den bezaubernd souligen Gesang -unfassbar, wie viele absolut bezaubernde Songs diese Band schreiben kann, die auf einer enorm simplen Grundmelodie von gerade einmal vier bis fünf auf- und absteigenden Tönen basieren) und Baseball Diamond (verrauscht-wattierte Standardkost) stammen beide aus den Sessions für das Albumdoppel Depression Cherry und Thank Your Lucky Stars – und geben als wundervolle Ergänzungsstücke den Wert von B-Sides and Ratities vor: Schmeicheln dem Fanherzen, ohne den Beach House-Kanons wahrhaftig essentiell zu erweitern. Damit lässt es sich verdammt gut leben.
Das Queen-Cover Play the Game gerät schlichtweg traumhaft schön, Equal Mind (aus der Bloom-Phase) vermisst die flirrende Weite aus flottem Ambient-Slowcore und Baby zelebriert bis zu seinem frei schwebendem Finale barocke Eleganz über einer gedämpft pulsierenden, jazzig rumpelnden Rhytmusarbeit.
Das lieblich schunkelnde The Arrangement untermauert als Highlight wiederum einmal mehr die Stellung von [amazon_link id=“B002ZRPQ5U“ target=“_blank“ ]Teen Dream[/amazon_link] als Discografie-Highlight, während das unterschwellig düstere Saturn Song wie die mäandernde Skizze für eine melancholische Twin Peaks-Hommage anmutet, Wherever You Go eindruckslos vorbeiplätschert und sich auch I Do Not Care For The Winter Sun mehr oder minder nur auf das Trademark-Flair der Band verlässt.
Raum für Überraschungen bleibt da zwischen viel Konsistenz kaum, aber – sofern Veröffentlichungen wie die Zebra-EP bisher in der Sammlung fehlen – doch: Der Beach House-Hidden Track Rain in Numbers klingt wie Coldplays Clocks im Delirium und zeigt eine krude Version des Duos am verstimmten Piano, die sich nie gegen den später perfektionierten Wohlklang durchsetzen konnte; die 2008er Single-Version von Used to Be transportiert den späteren Teen Dream-Hit noch mit Rassel und kirmesartigem Flair in einen erst noch naiveren, gelöst-kindlichen Kontext, der plötzlich von einem fast schon im Drone verankerten Bass konterkariert wird. Der Cough Syrup Remix von 10 Mile Stereo scheint ähnlich eigenwillig hinter einer dicken Klangkuppel stattzufinden, der die Dynamik des Songs komplett entschleunigt und als Space-Hypnose treiben lässt.
Das zeigt zumindest zwei Dinge: Einerseits ist alleine der Erkenntniswert aus manchen Stücken hier für Fans durchaus spannend und B-Sides and Rarities zumindest für diese Zielgruppe die willkommene Fußnote einer bisher makellosen Karriere. Andererseits stellt diese Compilation dann doch auch die Frage, ob Beach House nicht spätestens jetzt den Moment für eine stilistische Zäsur erreicht hätten.
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