Battles – La Di Da Di
So amüsant der die Grundzutaten umkehrende Querverweis auch sein mag: Ob ihr drittes Studioalbum einen ähnlich wegweisenden Status einfahren wird wie Slick Ricks gleichnamiger Hip-Hop-Klassiker, darf ernsthaft bezweifelt werden. Denn ohne Tyondai Braxton als Leithammel oder die auf ‚Gloss Drop‚ akkurate Kompesationsarbeit leistenden Gastsänger verlaufen sich Battles in den akribisch konstruierten Instrumental-Klangräumen von ‚La Di Da Di‚ mit latenter Beliebigkeit.
Das Drittwerk der New Yorker ist unterm Strich zumindest eine technisch perfekte, funktionelle und routiniert nach Hause gespielte Mathrock-Machtdemonstration. Dave Konopka, Ian Williams und John Stanier sind – das muss man eigentlich nicht mehr erwähnen – eben formvollendete Virtuosen an ihren Instrumenten, grandiose Musiker und es ist abermals imposant anzuhören, mit welcher Präzision das Trio rollende, drückende, pumpende Grooves um synkopische Synthieverrenkungen sowie endlos bearbeitete Gitarrenloops zirkelt und entlang der den Rohbau aufziehenden, polyrhythmisch vertrackten Drumschläge formt, wie Battles als systematische Architekten ihrer verwinkelten Artrock-Welten über detailreiche Texturen und gefinkelten Strukturen ein Netz aus Verfremdungen und Effekten spannen, und dabei 2015 irgendwo gleichermaßen abliefern, wie ohne Experimentaldrang stagnieren wie auch ihre Wurzeln freilegen.
Die poppig-songorientierte Kante des Vorgängers ‚Gloss Drop‚ ist passe, dessen karibisch-lichtes Design wurde jedoch beibehalten, um die vielleicht progressivst angelegten (und deutlicher denn je zu Don Caballero schielenden) Tracks der Battles‘schen Karriere zu planen – letztendlich auch ein klarer Blick zurück auf die Frühphase der ersten EP-Veröffentlichungen.
Stanier und Co. haben sich eben mittlerweile nicht nur damit abgefunden ihren ehemaligen Multiinstrumentalisten, Stimmbandverfremder und Vordenker Tyonday Braxton in die verkopfte Avantgarde und Elektronik verloren zu haben – das beweist alleine die Personalentscheidung diesmal keine Vertretungen am Mikro zu engagieren -, sie haben sich nach langer Zeit vor allem auch daran erinnert, dass die einladenden, ohnedies immer eher als zusätzliches Instrument eingesetzten Vocals von vornherein kein unbedingt notwendiges Accessoire im Bandsound darstellten.
Gleich der stotternde Opener ‚The Yabba‚, ein zerschossenes, furios-nervöses Hi-Hat-Monument von einem chaottisch-konstruierten Ideensammelsurium, unterstreicht dies mit seinen zahlreichen Umstrukturierungen und entschlossen Windmühlen attackierenden Neustarts. Bloß: Damit ist eigentlich bereits alles gesagt ist auf ‚La Di Da Di‚.
In weiterer Folge – und vor allem über die gesamte Spieldauer hinweg betrachtet – verfallen Battles nach der im Opener etablierten Wohlfühlzone nämlich in einen (so artistisch und freigeistig sich die Performance auch an sich geben mag) gefühltermaßen endlos repetierten, irgendwann einfach erschöpften Trott aus den immer gleichen ziellosen Herangehensweisen, Klängen und Tricks. Was der Platte spätestens zur Hälfte eine regelrecht ermüdende Formelhaftigkeit verleiht und wodurch ‚La Di Da Di‚ trotz all seiner spielfreudigen Vitalität in den eigentlich unerschöpfliche Möglichkeiten auch arg limitiert wirkt.
Dass es der Platte an Varianz und Abwechslungsreichtum fehlt, liegt dann aber eben auch nicht an den subtrahierten Vocals, als vielmehr am kopflosen „Song“writing und daran, dass weder Stanier, Konopka noch Williams die vorhandenen Ideen schlüssig zu Ende denken, sondern sie nur lose im Raum stehend umkreisen, vielversprechende Ausgangspositionen nur selten an schlüssige Ziele führen.
Zu keinem Zeitpunkt pushen sich Battles über ihren künstlerischen Zenit, stattdessen zelebrieren sie eher mutloses Business as Usual nahe an potentiellen B-Seiten von ‚Gloss Drop‚, die ohne Überraschungen explodierend vorhersehbar voanschreiten, als kaum aufregende Fingerübungen eine seltsam unambitionierte Ausstrahlung absondern.
Ohne herausragende Markanz glänzen da eher einzelne Augenblicke – die fett bratenden 80er-Konsolen-Keyboardwälle im rauschhaft verdichtet schlängelnden ‚Summer Simmer‚, die Wucht der Drums im eigentlich enervierend ziellosen ‚Dot Net‚, die wenige Sogwirkung im kaum fassbaren ‚FF Bada‚, die Leichtigkeit des sorglosen ‚Dot Com‚ und die frickelnde Kurzweiligkeit von ‚Flora > Fauna‚, oder das elektronische Röhren des mächtigen ‚Tricentennial‚.
Beispielhaft sind jedoch eher biedere Laborversuche wie das durchaus spaßige ‚Non-Violence‚, das sein Keyboard nach Steel Drum klingen und die galligen Gitarrenriffs mit der Breite von Streichern arbeiten lässt, sich aber während seiner knapp 4 Minuten Spielzeit keinen Millimeter bewegt. ‚Luu Le‚ ist nicht nur als Rausschmeißer extrem unpektakulär, sondern generell ein lahmender Husarenritt ohne jeglichen Genieblitz, während auch das seine installierten Motive im Prinzip nur zu Grabe tragende Dacapo ‚Dot Com‚ für den Hörer keinerlei Erkenntniszuwachs liefert und es riskiert den Spaziergang ‚La Di Da Di‚ im schlimmsten Fall gar gegen langweilende Techdemo eiern zu lassen.
Natürlich hat selbst dies bei der Qualität dieser Band noch seine Klasse, aber sinnlose Intermezzi wie ‚Tyne Wear‚ oder das atmosphärische ‚Cacio e Pepe‚ (das mit seinen tiefnautischen Gitarrenflächen wie kein anderer Track die immaginative Kraft der Band stärker ausformuliert – leider absolut bezeichnend!) hinterlassen dennoch vor allem ratlos: Warum Battles hier ein superb produziertes, solides Schaulaufen ihres Könnens abliefern, ihre Ressourcen aber auf geradezu ärgerliche Weise nicht anzapfen, bleibt ein Mysterium, das sich letztendlich nur zu ideal im fulminanten Artwork widerspiegelt: oberflächlich betrachtet ist das enttäuschende, natürlich in erster Linie an seinen überragenden Vorgängern scheiternde ‚La Di Da Di‚ unheimlich stylish ausgefallen – im Grunde servieren Battles diesmal allerdings vor allem eine wahllose Aneinanderreihung unausgewogener Mahlzeiten.
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