Bat for Lashes – The Dream of Delphi

von am 11. Juni 2024 in Album

Bat for Lashes – The Dream of Delphi

Improvisierte Songskizzen, über weite Strecken verträumt instrumental gehalten: Auf The Dream Of Delphi reflektiert Mutter Natasha Khan „the journey of motherhood through the pandemic“.

This album started in the middle of lockdown when I was breastfeeding a tiny baby, and I would run to the studio for two or three hours and just improvise. So there’s definitely a spontaneaty and a sort of a meditative quality to the music, because it was just my emotion coming through, into my hands and out through the musical instruments I chose that day, or whatever I was feeling that day. So, there wasn’t much pre-conception.“ erzählt Khan über das ihrer Tochter Delphi gewidmete Werk.
It’s quite different stylistically to my other albums because it was mostly fully improvised. There’s a lot of arpeggios, harps, and strings. I just sat down and wrote songs in a day. I added basslines, beats, vocoders – then ran home to breastfeed! It’s definitely a potent, heightened, emotional record. There’s also a lot of space and soundtrack-esque, filmic music on there as well.

Mit diesen Hintergrund-Infos fängt die 44 jährige das durchaus faszinierende, ästhetisch auch angenehm spirituelle Wesen von The Dream Of Delphi schon gelungen ein, wenngleich das sechste Bat for Lashes-Werk unter diesen Bedingungen auch eher eine (über rund seine halbe Spielzeit von insgesamt nur knapp 30 Minuten instrumental gehaltene) Collage aus vagen Ideen und Skizzen, fragmentarisch improvisierten „song poems“ und ambienten Flächen mit Interlude-Charakter geworden ist, als ein komplett zu Ende gedachtes Album – meistens einer formoffenen Linie folgend, ab dem Mittelteil allerdings auch eine unausgegorene Ziellosigkeit preisgebend.
Wo der Titelstück-Opener über einen die Synth-Pentatonik aufsteigenden Loop als Basis orchestral erwachend die andächtig gehauchte Ouvertüre darstellt, die in pluckernd groovender Elektronik mündet, und damit einen umsichtigen Einstieg in das Konzept bietet, laufen die Dinge danach nur noch rudimentär zusammen und funktionieren weder am Stück noch einzeln stehend restlos rund abgeschöpft.

Dann wirken viele Nummern wie wundervolle, aber auch unfertige Zwischenstücke – Christmas Day etwa auf der Klaviatur von Kate Bush in den deliranten Retro-Effekten von M83, At Your Feet oder das säuselnde Her First Morning als bezaubernde Imaginationen auf den Tasten, choral lautmalerisch aufgelöst; das minimalistisch gehaltene, schön ätherische The Midwives Have Left oder Letter to My Daughter, welches schwelgend durch ätherisch funkelnde Klangwelt voll anmutiger Arrangements und Arpeggios streift: allesamt Ahnungen und Stimmungsbilder, nicht unbedingt zu Ende gedachte Komposition.
Dann verliert The Dream Of Delphi diese stilistisch am Klavier sinnierende Orientierung jedoch und schielt gewissermaßen zurück zu der 80er Nostalgie von Lost Girls: Home ist so (ohne aufgrund seiner smoothen Gangart wirklich aus dem Rahmen zu fallen) entschleunigt pumpend-schnipsender R&B mit Stimmeffekten Marke Sebastien Tellier und The Knife in sanfter Tanzbarkeit; Breaking Up schwoft latent mit Saxofon und fernöstlicher Patina, bevor Delphi Dancing als anachronistisch verträumter Ladebildschirm  gefällt. Der unterwältigend Antiklimax Waking Up moduliert seinen Wellengang dort zwar durchaus homogenisierend, entlässt aber als Closer in der Luft hängen lassend auch unbefriedigend aus einem Sammelsurium an Stücken, das atmosphärisch mit seiner intimen Wirkung ebenso zu überzeugen weiß, wie passiv konsumiert konturlose Reize erzeugt, in die man sich beinahe verlieren kann. Sieht man The Dream of Delphi so als musikalisches Projekt abseits des regulären Kanons, stellt es durchaus eine gute Bereicherung für den Bat for Lashes-Kosmos dar – als vollwertiges Album polarisiert es jedoch zumindest enttäuschend (und wird hier abschließend doch mit wohlwollender Fanbrille bewertet und deswegen punktetechnisch aufgerundet).

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