Bad Religion – True North
Bad Religion haben einen Lauf – oder zumindest seit der Gurewitz-Heimkehr 2002 auf ‚The Process of Belief‚ kein schwaches Album mehr aufgenommen. Trotz Werken wie ‚The Empire Strikes First‚ oder ‚The Dissent of Man‚ im Rückspiegel des zweiten Bandfrühlings kommt jedoch kein Druck auf – ‚True North‚ gliedert sich ohne Mühen in die souveräne Veröffentlichungsreihe der Band ein.
Dabei machen Bad Religion doch eh nur alles wie immer: sie nehmen ein Bad Religion-Album auf. Das sechzehnte Studiowerk der Band deutet Veränderungen vom verinnerlichten Trademark-Stil also allerhöchstens einmal vage an – aber hey: Bret Gurewitz hat die Lead-Vocals beim aufhorchen-lassenden Swing-Ausbrecher mit Hardrock-Anleihen ‚Dharma and the Bomb‚ übernommen! – und steht letztendlich auch ohne eindeutig identifizierbare Alleinstellungsmerkmale beinahe makellos in der Tradition klassischer Bad Religion Veröffentlichungen: eng arrangierter Punkrock eben, den Fuß zumeist durchgedrückt am Gaspedal; aufrüttelnde Polittexte zwischen Pamphlet und Zeigefinger; eingebettet in einem überschäumenden Fundus an packenden Melodien, massig eingesetzten Backgroundchören und ausstaffiert mit den patentierten „oozin‘ aahs“ an allen Ecken und Enden.
Man hört den 16 knackigen Songs zu keinem Zeitpunkt an, dass sie von einer Band im 34 Jahr ihrer Existenz geschrieben wurden, selbst störende Déjà-Vus werden im Rahmen der Möglichkeiten vermieden. Bad Religion transportieren auf ‚True North‚ eine juvenile Spielfreude, die so manche Jungspund-Bande Grün vor Neid stehen lässt und nie nach einem Werk klingt, dass näher beim zwanzigsten als beim ersten liegt. Haben Bad Religion doch den Bogen auf dem fünften Album ohne Umbesetzung in Folge nahtlos heraus, um selbst verankerten Gewohnheiten Spannung abzutrotzen, den Unterhaltungswert unter den gewichtig geäußerten Botschaften bedingungslos zu unterstreichen. Da eröffnet schon der großartige titelgebende Opener mit einem fulminant epischen Refrain, ‚Past is Dead‚ täuscht darauf die Bremse mit seinem atmosphärischen Intro nur an, bevor es mit markanter Leadgitarre direkt auf den Punkrock-Highway geht.
‚Hello Cruel World‚ sprengt als einziger Song die 3 Minuten-Marke und bleibt als Midtempo-Stampfer mit plump wirkendem Mitsingtext der einzige Ausfall der Platte, solide In-Die-Fresse-Bretter wie ‚Fuck You‚ stemmen das zu erwartende Mindestmaß aber rundherum spielend. ‚Robin Hood in Reverse‚ packt auftrumpfend den supereingängigen Poppunk-Chorus aus, ‚Dept. of False Hope‚ gönnt sich gar einen minimal-kurzen John Frusciante-Moment. Der sich abwechslungsreich zwischen seinen Ideen austobende Ohrwurm ‚In Their Hearts is Right‚ oder die Studiospielerei ‚My Head is Full of Ghosts‚ geraten zu astreinen Genre-Hits ohne Wenn und Aber. Die effektive Produktion von Brett Gurewitz and Joe Barresi rundet das Gesamtbild stimmig ab: der Sound ist dick, aber niemals steril, die Drums untermauern die treibenden Gitarrenarbeiten druckvoll, alles unnötige Fett wird entfernt ohne roh zu klingen.
Dass Bad Religion (wieder einmal) das selbe Album wie immer aufgenommen haben, könnte nach kompakten 35 Minuten wohl nur bekritteln, wer sich auch am dabei stets konstant hoch gehaltenen Level des Songwritings der Band stoßen wird – also Schwamm drüber, die können gerne ewig so weitermachen. Was entgegen ersten Befürchtungen, dass ‚True North‚ das letzte Bad Religion-Album sein würde, auch der Fall sein wird.
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