Audry – Undisclosed Advertising & End Credits
Seit 2022 flutet das (ehemals unter anderem als Integral oder noiz bekannte) Enigma aus Lethbridge unter dem als Audry Bandcamp mit einen nicht versiegen wollenden Strom an Veröffentlichungen – Undisclosed Advertising & End Credits sorgt da erstmals auch abseits szenekundiger Experten für Aufmerksamkeit.
Als spät Dazugekommener von einem schier endlosen Backkatalog von Releases im Rückspiegel überfordert, sei gleich eingangs offen und ehrlich vorweggenommen: keinen Ahnung, wo es sich lohnt, in die überbordenden (und offenbar auch qualitativ schwankende) Diskografien von NineFourteen, searchq und all der unzähligen Projektnamen darauf einzusteigen – oder in welcher Relation sich Undisclosed Advertising & End Credits hier tatsächlich bewegt. Aber das Artwork ist zumindest mal ein Hingucker und sorgt für die nötige Aufmerksamkeit.
Wie zum Trotz stellt Audry dem eine gehörige Geduldsprobe entgegen: Undisclosed Advertising & End Credits eröffnet in Form von Technological Progress in CSIS Accounts for Doppler Effect pt. 2 mit einem knapp zehnminütigen Intro aus Field Recording-Fiepen und Gesprächsfetzen, als würde man einem komplett uninteressanten butt call zwischen wahllosem Instrumente-Stimmen, dem Nachmittag-Einkauf und einem geschäftigen Flugzeugtower-Business beiwohnen, bis ein diffuses Geplänkel als musikalische Aufwärmübung das Interesse zumindest vage weckt. Das mag seine stimmungsvollen Momente im Ambiente haben, aber letztendlich tut dieser (für sich alleine stehend wohl niemals konsumiert und selbst im Kontext bei nachfolgenden Besuchen wohl ohne entlohnende Wirkung geskippt werdende) Einstieg auf Sicht kaum jemand einen Gefallen – am wenigsten dem Album an sich.
Auch nachdem Undisclosed Advertising & End Credits seinen grundlegenden MO, den das geduldig und unaufgeregte A Few Days Ago gleich darauf folgend in aller Ausführlichkeit mit relaxt plätschernden Gitarren im Slowcore a la Duster (und einem Selfmade-LoFi-Sound, den all die zeitgenössischen Trendprojekte aus dem Homerecording-Bedroom wie Asian Glow oder Parannoul nutzen) samt tief und sonor nölend-rezitierenden Anti-Gesang, der dunkel leiernd die kontemplative Postpunk-Ästhetik pflegt, etabliert hat, indem eine somnambule Trance den Postrock und Shoegaze mit einer repetitive Gleichförmigkeit als Mittel zum Zweck versteht, das lethargische Spacerock-Feeling mit glitchenden Noise-Tendenzen eine abseitige Melancholie zur Triebfeder der Aufbruchstimmung erklärt, und die Gitarren zuletzt gar kakophonischer streichelnd zu heulen beginnen – ja auch danach wird Undisclosed Advertising & End Credits noch weiterhin zu Momenten der avantgardistischen Klanginstallation neigen.
Allerdings werden diese auf das hintere Ende der Platte konzentriert besser ausbalanciert als im ungewichtigen Einstieg. Reflexive Universalism beginnt als atmosphärisches Mäandern und zwangloses Geplänkel, entscheidet sich jedoch nach knapp der Hälfte seiner ausladenden Spielzeit für einen elektronisch unterfütterten Song mit vagem Notwist-Feeling, der abgründig neben der Spur in den gängigen Audry-Typus dieser Platte verläuft. Plagiarism of Closure fließt dagegen weitestgehend instrumental so gedankenverloren und zügig – und endgültig unterstreichend, dass die gerne an der Viertelstunde-Marke grenzenden, strukturell simpel gestrickten Kompositionen ihre enorme Länge geschickt als Werkzeug zur Hypnose einsetzen – und fasert dann als Ausklang zum zerhackt schnipselnden Experiment aus.
Das Doppel aus Ericsson Keychain mit seinem verträumten Drive sowie weicherem Schwung und dem nahezu optimistisch funkelnden Subtext Partly Right, in dem die Stimme längst zum klangmalendem Element aufgelöst wurde, gehen dazwischen als ablenkungsfrei konzentrierte Highlights durch, deren passiver Sog nahezu ideal funktioniert und geflissentlich egalisiert, dass Undisclosed Advertising & End Credits in destillierterer Erscheinung effektiver funktioniert hätte, ohne seinen Charakter zu verlieren.
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