Atvm – Famine, Putrid and Fucking Endless

by on 11. September 2021 in Album

Atvm – Famine, Putrid and Fucking Endless

Erfrischend unorthodox und eklektisch, unbeschwert und extrem konzentriert, dabei skurril, ohne absurd zu werden: Famine, Putrid and Fucking Endless macht vieles anders als die anderen – und schlichtweg einen verdammten Heidenspaß.

Wenn sich eine Melange unter dem offiziellen Etikett des progressivem Melodic Death und technischem Thrash wie eine psychedelische Sludge-Party auf Speed – oder eben wie das unkonventionelle Albumcover – anfühlt, dann muss man aus Famine, Putrid and Fucking Endless nicht restlos schlau werden. Wie können es beispielsweise in Picture of Decay nur wenige Meter von der tollwütigen Abrissbirnen-Hatz zur vertrackten Duck Tails-Intro-Reminiszenz sein, ohne auch nur eine Sekunde nach Slapstick zu klingen? Vielleicht, weil Famine, Putrid and Fucking Endless in seinem Verlauf so selbstverständlich Referenzen wie Atheist und Mr. Bungle, Gorguts und Iron Maiden, Mastodon oder aktuelle Opeth zulässt, vieles hier sowieso wie das bunte Metal-Äquivalent zu Tropical Fuck Storm wirkt, und all die Kategorisierungen letztendlich so treffend wie daneben sind?
Oder was bedeutet etwa alleine schon der Dada-Albumtitel, der im Finale der Platte dann auch bewusst unfertig von den harsch-raspeligen Vocals in den schwindeligen Äther gebrüllt wird?

Das erste Studioalbum der 2012 gegründeten, bis heute aber anhand zweier relativ unspektakuläre EPs unter dem Radar segelnden Atvm aus London endet übrigens als (un)gelöster Jam – und beginnt auch so.
Sanguinary Floating Orb funktioniert dabei in seinen ersten Minuten als den MO und die Vorzüge der Platte vorstellendes Schaulaufen, wenn ein absolut grandioser, funky Bass, das technisch eindrucksvoll angejazzte Schlagzeug und eine Guitar Hero‘eske-Achterbahngitarre sich aufeinander eingrooven und auf das virtuose, röchelnde Gaspedal steigen, melodische Riffs aus dem Handgelenk feuern, während die superbe (organische, klare, kraftvolle, die Stimme im Mix angenehm zurückreihende) Produktion beeindruckt und all der Eklektizismus mit einem enormen Maß an originärer Energie nach vorne geht, Famine, Putrid and Fucking Endless grinsend und schwitzend zu einem kohäsiven Sammelsurium aus Genres, Ideen und Geistesblitzen vereint.

Harry Bray (Vocals), Tom Calcraft (Gitarre), Luke Abbott (Bass), Francis Ball (Drums) und der noch am Entstehungsprozess beteiligte Max Lester können es sich so auftretend auch leisten, über knapp 56 Minuten ein wenig zu mäandern, weil Famine, Putrid and Fucking Endless in seinem zwingenden, unberechenbaren Wesen stets kurzweilig und unterhaltsam bleibt. Die Wendungen agieren oft abenteuerlich, aber selten willkürlich, sind ebenso gefinkelt wie straight, ernsthaft, ohne verkopft zu überhöhen.
Dass die Lieblingssongs mit Highlights wie वाघनख und besagtem Picture of Decay so mit jedem Durchgang wechseln ist ja generell ein gutes Zeichen, wie es auch generell einen enorm befriedigenden Eindruck hinterlässt, endlich wieder bekannte Ingredienzien zu einer aufregenden, eigenwilligen, erfrischenden und unbändig kreativen Wundertüte zusammengesetzt zu hören, deren Brutalität die Endorphine nur so sprudeln lässt.

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