Art Brut – Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out!

von am 6. Dezember 2018 in Album

Art Brut – Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out!

Der Gag ist freilich längst erzählt, die Pointe an sich ausgereizt. Doch Eddie Argos rät nicht umsonst: „Watch the fuck out! Wir sind mit jugendlicher Energie zurück!“ Tatsächlich ist das erste Art Brut-Album seit beinahe 7 Jahren trotz Schönheitsfehlern schließlich das Beste seit ihrem Debüt. Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out!, fürwahr!

It’s not a game over, I got extra life/ I was born again, in a pure white light/ Hooray!“ skandiert Argos bald in seinem typisch lakonischen Sprech“gesang“ dazu mit einer augenzwinkernd Selbstverständlichkeit, als wäre er nie weggewesen.
Und es stimmt schon: Trotz einiger deutscher Vokabel hat der Wahlberliner eine gewisse Entwicklungsresistenz eben auch effektiv als Tugend stilisiert, während seine Band sich mit postpunkiger Energie in die Sache stürzt, schon im dazugehörigen Opener Hooray! überschwänglich mit dängelnden Gitarren und treibenden Rhythmus ins Geschehen einsteigt, sogar Bläser an Bord hat – womit Art Brut unmittelbar die gelöste Unverkrampftheit und locker aus den Ärmeln geschüttelte Motivation von Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out! etablieren, anhand derer man knapp eineinhalb Dekaden nach den Heydays des Indierockrevivals endlich wieder unbeschwerten, gewissermaßen auch anachronistischen Spaß am freilich wohlbekannten Art Brut-MO haben kann.

In dieser erstaunlich frisch aufgewärmten Vertrautheit vom Kleinen auf das Ganze schließen zu dürfen, darf symptomatisch für das gesamte Auftreten der Platte ohnedies gleich das eröffnende Doppel herangezogen werden. In der folgenden, entwaffnend flotten Lieblichkeit I Hope You’re Very Happy Together versucht Argos die bittersüße Note der schmissigen Britpop-Nummer dann mit herrlich gemeiner Kante sogar ein wenig melodischer tändelnd umzusetzen, wiederholt den betont smarten Refrain aber derart oft, bis sich jedes Lächeln erschöpft hat: „I hope you’re very happy together/ And if you’re not, that’s even better„.
Es gilt insofern im Umkehrschluss auch weiterhin: Die große Eigenheit von Art Brut in Form ihres kauzigen Frontmannes ist auch die Achillesferse des Quintetts, wenn Eddie Argos das Repertoire der Band einerseits überhaupt erst unverwechselbar macht, andererseits anhand seiner Limitierungen jedoch auch nichts dazu beitragen kann, eine Nummer individuell von der anderen abzuheben oder das Ausgangsmaterial zu vertiefen. Nachzuhören etwa ideal in Too Clever, das ein bisschen so anmutet, als hätte aus der schaumgebremsten Abfahrt auch gut und gerne ein zackiger Exzess werden können, müsste die Band nicht derart diszipliniert spielen, um Argos nicht außen vor zu lassen. Das Tempo wirkt oft gedrosselt, man bleibt an der Oberfläche.
Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out! macht jedoch das beste aus der Sache und gönnt sich mit dem nach Harmonie suchenden, aber langweilig shakenden Hospital! nur einen nebensächlichen Leerlauf, muss seinem soliden Indierock neben der Positionierung von Awkward Breakfast und des unspektakulären Your Enemies Are My Enemies Too als eindruckslos-routinierte Rausschmeißer wenig vorwerfen lassen.

Zumal Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out! immer dann am besten ist, wenn Art Brut durch kleine Einfälle zündende Akzente setzen (wie durch die larmoyant pfeifende Eingängigkeit von Good Morning Berlin, das auch gut von Parquet Courts stammen könnte – aber Argos eben zuviel Distanz zum Geschehen behält, keine emotionale Intensität erzeugen kann), ordentlich verpuffendeen Druck machen ohne wehzutun (Kultfigur) oder wie in Veronica Falls (der Referenz im Titel entsprechend) Dinge wie einen latenten Jangle Pop-Eeinschlag ausprobieren.
Mehr als nur Trademark-Verwaltung über allen Erwartungen und destillierte Leidenschaft Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out! aber immer dann, wenn Art Brut den Brennwinkel aus rezitierenden Humor und punkigen Rock zwingend fokussieren: Schwarzfahrer bimmelt erst charmant und switcht dann energisch das Tempo zu seinen witzigen Alltagsbeobachtungen, während der überragende Titelsong das Geschehen vor der Bühne ordentlich ankurbeln wird und am idealsten demonstriert, wie großartig es Art Brut steht, wenn die ganze Gang Argos am Mikro für mehr Variabilität und ausschmückende Gesangs-Texturen unter die Arme greift.
Abseits davon lässt sich wiederum von She Kissed Me (And It Felt Like a Hit) im Speziellen auf Wham! Bang! Pow! Let’s Rock Out! im Allgemeinen schließen, das rundum überzeugt, aber von den klaren Highlightmomenten qualitativ auch überstrahlt wird: Das macht mit den Momentum im Rücken kurzweilig sehr viel Laune, während man es hört – bleiben tut von diesem beiläufig-vergänglichen Unterhaltungswert darüber hinaus aber primär die popkulturell treffsichere Referenz.

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