Arooj Aftab – Night Reign
Auf Night Reign, dem Nachfolger ihres bereits so wunderbaren Drittwerks Vulture Prince von 2021, fängt Arooj Aftab ihren sufi-folkloristischen Chamber Jazz im traditionellen Ghazal-Ambiente schöner denn je ein.
Die in Pakistan geborene Wahl-Brooklynerin nimmt dafür auch die Tugenden der Kooperations-Platte Love in Exile aus dem Vorjahr mit: Ihre personell seit jeher von einem breiten Instrumentalisten-Repertoire getragene Musik holt den Einfluss der helfenden Hände eine Ebene nach vorne, macht aus Unterstützern maßgebliche Impulsgeber, und lässt der ebenso namhaften wie ausführliche Feature-Riege – die bei einem Blick in die Credits auch noch klammheimlich Namen wie Elvis Costello entdecken lässt – immer wieder prägende Spotlight-Momente, derweil Aftab im Dienste des übergeordneten Ganzen als demütiges Zahnrad im großen Ganzen einen Schritt zurück tut.
Von Aey Nehin weg ist so etwa das dezente, versierte Gitarrenspiel von Kaki King oder der vorsichtige Tupfer setzende Kontrabass von Petros Klampanis allgegenwärtig, während Aftab sich mit ihrem ätherischen Gesang in Urdu und Englisch durch die ruhige, imaginative Klangwelt träumt: Somnambul und soft, spirituell und sentimental. Der Sound ist warm und von einer mystischen Sehnsucht nach Romantik getrieben. Melodien verschwimmen in erhabenen, subtilen Arrangements zu meditative Balladen, deren andersweltartige Eleganz anzieht und es sehr einfach macht, sich in Songs zu verlieren, die phasenweise wenig Konkretes besitzen und eher wie Ambient-Tapeten funktionieren.
Man darf an Mark Holis, Ichiko Aoba oder vor allem Sade denken, wird eingelullt und hypnotisiert, folgt dem so angenehm zu konsumierenden, wie aus einem Guss in Zeitlupe betörenden Night Reign, als würde es das eigene innerste Selbst als Resonanzkörper verstehen.
In der makellos assimilierten Adaption von Autumn Leaves lässt James Francies sein Rhodes Piano zu Bohren schielen und der sinistre Basslauf lässt Bolo Na verdächtig erscheinen, bis sich eine eindrucksvolle Moor Mother wie im weichen Fiebertraum rezitierend aufbäumt und sanft in eine u.a. von Flügelhorn, Vibraphone oder Oud begleitete Fantasie bettet. Weitere herausragende Highlights der Platte sind später das fast funky schillernde, so lebendig nuancierte Last Night (Reprise) oder die absolut unwirkliche Schönheit von Whiskey, die niemals ganz greifbar wird.
Dazwischen verschwimmen vergängliche Zauber wie das pianoentschleunigte Saaqi, die Lounge Raat Ki Rani oder die mit Chocolate Genius, Inc. aufgefächerte atmosphärische Tiefenwirkung von Zameen aus dem Augenblick und der Erinnerung, geradezu transzendent.
Ein wenig Mäandern ist so durchaus ein ökonomisches Mittel zum Zweck: Arooj Aftab blüht in der gestärkten Gemeinschaft auf und hat dadurch ihr bisher bestes Album aufgenommen.
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