Anti-Flag – The General Strike
Weil die Wall Street besetzt ist und Protestsongs ohnedies nie aus der Mode kommen, biegen Anti-Flag rechtzeitig zur proklamierten nächsten Krisenstimmung um die Ecke. Alles beim Alten, das Meiste wieder besser.
Ohne Occupy geht nix mehr im Leben einer modernen Protestband. Sehen auch Anti-Flag so, die ja seit jeher versuchen ihren immer kritischen, immer politischen Punkrock auf Augenhöhe der Aktualität zu halten. Worum sich ‚The General Strike‚ im Großen und Ganzen nund dreht ist deswegen eohl ebenso schwer zu erraten, wie selbst ungehört ungefähr einschätzen zu können, wie sich das mittlerweile neunte Studioalbum der Band trotz kleinere „experimenteller“ Ausflüge in der Vergangenheit anhört. Anti-Flag spielen neue Anti-Flag Songs, die sich gar nicht erst die Frage stellen, wie verwässert die politische Intention mittlerweile hinter all den drucktauglichen Parolen und schick auf T-Shirts passenden Slogans geworden ist. Sind Propaghandi der in die späten Nachtstunden verbannte Zungenschnalzer, befriedigen Anti-Flag die Massengelüste im Hauptabendprogramm, wenn man so will. Worauf es jedoch in Wahrheit ankommt: Auf ‚The General Strike‚ klingen Anti-Flag endlich wieder hungriger, fokussierter und besser als auf jedem anderen Song seit jenen von ‚For Blood and Empire‚.
‚The General Strike‚ bringt die schon lange entwicklungsgehemmten Anti-Flag zwar keinen Schritt weiter, allerdings doch wieder in die richtige Spur. Konsequenz heißt in diesem Fall: Zwöf Songs in 27 Minuten, ohne Wenn und Aber. Dafür mit mehr großen Mitgröhlrefrains, poppigen Hooks und kurzweiliger – auf die eine oder andere Art haben Anti-Flag beinahe ausschließlich Genre-Hits versammelt. Die vier Pittsburgher haben jeglichen Ballast uber Bord geworfen, betonen im Punkrock wieder den ersten Teil, und wo es griffige Parolen über flott knackige Riffs zu skandieren gilt, sind Anti-Flag natürlich nicht weit. Was nach dem ersten Durchgang jedoch nicht nur aufgrund der Länge respektive Kürze wie ein auf die schnelle zusammengeschustertes Flickwerk, entpuppt sich schon beim zweiten als stimmiger Sprint durch die eigenen Stärken. Ist schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass Anti-Flag derart viele Hymnen für die Hosentasche und die nächste Protestkundgebung geschrieben haben, derart viele Ohrwürmer am Stück rausgehauen haben, die in ihren Refrains beinahe einwandfreier Poppunk sind.
Anti-Flag kehren den halbstarken Experimenten den Rücken, kitzeln die Spielfreude mit aggressiven Unterton und machen nicht nur im überfallsartigen Opener ‚Controlled Opposition‚ gar einen auf Hardcore. Man frage nur ‚Bullshit Opportunities‚, das in seinen Strophen hetzt, als gelte es die Platte noch schneller zu beenden, woher dieser Elan getankt wurde. Da ist ein überragendes ‚Broken Bones‚ vom ersten trockenen Bassriff bis zum obligaten Woho-Chorus ein einziger in die Luft geworfene Faust, die nicht da ist um Prügel zu verteilen, sich einfach machende Mitgröhler wie ‚The Ranks of the Masses Rising‚ plötzlich doch die ganze Überzeugung fordern und die Singlekandidaten reihenweise anstehen.
‚The General Strike‚ hat seine Botschaften, schon klar – Kapitalismus schlecht, Wallstreet schlecht, kleiner Mann geh auf die Straße – doch wiederholen seinen wenigen Text bis das Phrasenschwein vergnüglich quieckt. Trotzdem funktionieren Anti-Flag endlich wieder neben der Plattitüden als Punkrock, der auch abseits jeder Message Spaß macht und unterhält. Kurz, knackig und nur auf den ersten Blick nicht zu clever. Anti-Flag wissen, wie man den Hörer ködert, wissen, was der Fan auf der Straße hören will. Vielleicht sind Justin Sane und seine Mitstreiter aber einfach nur die besseren Politiker. Dass ‚The General Strike‚ von der Halbwertszeit her die Occupy-Bewegung kaum überleben dürfte, wird nicht ins Gewicht fallen. Denn die nächste Krise kommt bestimmt. Und damit auch eine neue Anti-Flag.
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