Angel Olsen – Song of the Lark and Other Far Memories
Das Albumdoppel aus All Mirrors (2019) und Whole New Mess (2020) war von Angel Olsen immer schon als Einheit konzipiert. Nun erscheint es als Song of the Lark and Other Far Memories in der angedachten Form – erweitert um die Bonus EP Far Memory.
Wer sich All Mirrors und Whole New Mess bereits ins Regal gestellt hat, wird sich nun freilich ärgern, dass eben jener knapp 20 Minuten lange Nachsatz nur im Komplettpaket Song of the Lark and Other Far Memories in physischer Form erscheint – eine separate Veröffentlichung von Far Memory abseits der digitalen Kanäle wäre schon ein dankbarer Dienst an die Geldbörse loyaler Fans gewesen. Zumal man dann auch den Ärger darüber umgehen hätte können, dass die Vierfach-Vinylversion von Song of the Lark and Other Far Memories so eng gebaut daherkommt, dass ein mehrmaliger Konsum der Platten keine Option ist, wenn man das Teil unbeschadet behalten möchte.
Hat man All Mirrors sowie Whole New Mess noch nicht erstanden, gibt es trotz dieses Konstruktionsfehlers jedenfalls dennoch eigentlich keinen Grund, sich Song of the Lark and Other Far Memories nicht anzuschaffen. Das Albumgespann ist schließlich nach wie vor über jeden Zweifel erhaben und hat rund um das Quasi-Titelstück Lark, das immer noch eine der besten Nummern im gesamten Olsen-Kanon überhaupt ist, so viele kleine und große Juwelen – wie etwa (We Are All Mirrors) – zu bieten, mal unscheinbarer, mal subversiv überwältigender.
Und Far Memory selbst ist dann eben das vielleicht nicht essentiell, aber qualitativ doch das hohe Niveau halten könnende Fußnoten-i-Tüpfelchen. Das via Compilations und Singleformat bereits vorab veröffentlichte All Mirrors wird von Johnny Jewel tanzbar pumpend mit einem retrofuturistischen Funkeln der analogen Chromatics-Synthies ausgestattet, zurückhaltend in der Strophe und wuchtig im Refrain – wohingegen New Love Cassette erfreulich unscheinbar und subtil von Mark Ronson als Rhythmus-Katalysator aufgearbeitet wird.
Die beiden Remixe sind jedoch nicht so relevant, wie das, was danach kommt. Das Bryan Ferry/Roxy Music–Cover More Than This ist ein minimalistisches Stück graziler Melancholie, gebaut auf Gitarre, Stimme und Hall, eine gefühlvolle Verneigung, wenngleich natürlich nicht auf Augenhöhe mit dem Original, bevor Smaller als 64 sekündiges Kleinod mit nonchalanter Nebensächlichkeit diese ureigene Olsen-Faszination verströmt, auch eine Demo aus den frühen Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts sein könnte. It’s Every Season (Whole New Mess) offenbart dann eine neue Perspektive auf Whole New Mess, wenn die Nummer zwar spartanisch und sphärisch bleibt, durch Nate Walcotts geduldige Bläser dennoch zusätzliche Ebenen gewinnt, und mit einer feierlichen Trance zur jubilierenden, melancholischen Prozession schlapft. In Alive and Dying (Waving, Smiling) verstärkt sogar ein elfköpfiges Orchester Olsen und zaubert aus dem zeitlosen Song einen verwunschenen Klassiker im Stile der Resistance Radio-Interpretationen – da muß man sich gar nicht entscheiden, ob man die verträumte, schwelgende Albumversion nicht trotzdem noch lieber hat. Sich die auf 3000 Exemplare limitierte Compilation also so (erstmals) oder so (quasi doppelt) anzuschaffen, lässt sich auch dank eines 40 seitigen Fotobüchleins mehrwerttechnisch irgendwo also ziemlich leicht rechtfertigen.
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