An Isolated Mind – Self Titled

von am 12. Januar 2020 in EP

An Isolated Mind – Self Titled

Kameron Bogges nutzt die Gunst der Stunde und reicht dem 2019er Einstand I’m Losing Myself in Form von Self Titled ein eigentlich einleitendes EP-Doppel nach. Keine unbedingt essentielle Bereicherung für die Geschichte von An Isolated Mind.

Auch, weil Bogges auf den elenden Hype aufspringt, seine Musik physisch auf Tape gebannt zu veröffentlichen. Keine Ahnung, wer sich diesen Hipster-Schrott tatsächlich in die Sammlung stellen will – gerade wo I’m Losing Myself doch in einer ziemlich liebevoll individualisierten Vinyl-Auflage daherkam. Noch gravierender wird die Sache zudem, da nur der erste Teil – namentlich Olanzapine Dreams – der beiden hier versammelten Kurzformate daneben überhaupt digital erhältlich ist: Part 2, 314413, gibt es nur sogar nur in Kassettenform und muß in dieser Begutachtung deswegen leider zwangsläufig aus dem Raster fallen.
Unabhängig von dem physischen Release-Ärgernis erklärt Bogges jedenfalls die Hintergründe, die erst zurückgehaltene Musik überhaupt noch nachzureichen: „Self Titled is a collection of two EPs recorded between March-June of 2018, prior to the debut. Both are considered a prequel to „I’m Losing Myself“ (in which I am half-seriously calling „The I’m Losing Myself Trilogy), documenting a dramatic fit of positive disintegration as it unfolded throughout various stages.

Man kann sich über die Entscheidung, die beiden EPs rückwirkend zu veröffentlichen als Fan zwar freuen, muß sich aber auch eingestehen, dass Self Titled eher wie ein nur bedingt essentieller Appendix zum Hauptwerk funktioniert, mehr wie eine enorm vielversprechende Aufwärmübung in Form einer nicht restlos ausgegorenen Demo-Sammlung anmutet. Denn das ausnahmslos instrumental gehaltene Werk kann keineswegs in letzter Konsequenz die Charakterstärke und Tiefe erzeugen, die I’m Losing Myself zu bieten hatte, kanalisiert das theoretisch vorhandene Potential einfach nicht bedingungslos – als würde stets der letzte Schliff, das finale Quäntchen Hingabe fehlen. Wo An Isolated Mind hinten raus zwar noch zur hohen Erwartungshaltung aufschließt, gerät Self Titled so über zumindest zwei Drittel seiner Spielzeit doch zu einem latent frustrierendem Rohdiamanten.

Fear beginnt mit sehnsüchtigen Gitarren über einem verträumten Piano und beinahe folkigen Texturen, artikuliert Shoegaze und Postrock für jene Score-Welten von Silent Hill, die ein bisschen mehr Hoffnung zeigen, und kreiert eine schöne Stimmung – verläuft letztendlich aber unverbindlich. Euphoria positioniert sich mit markanterer Leadgitarre in Bereichen, die auch Mogwai gefallen, wenn der Groove und das Riff über den ätherischen Synthieflächen dominanter werden, doch es fehlt am Biss. Selbst wenn der Blackgaze mit markigen Drums poltert, wirkt alles eher wie eine vielversprechende, aber nicht zu Ende gedachte Skizze, die spätestens beim direkten Post Metal Part zur Mitte hin sowie dem wirklich fein mit neongreller Patina schwelgenden Abgang wie eine verschenkte Chance lamentiert.
5150 ist solider Shoegaze im Midtempo, der theoretische seine Spannungen immer weiter anzieht, aber im Grunde über den Klimax zu sehr mäandert, bevor Mia als melodisch verspielte Gitarrenanordnung, die auf halben Weg zum einnehmenden, aber ziellosen Geschrammel doch noch eine Rhythmussektion findet, um wie eine keyboardschwere Verneigung vor Alcest und Co. zu schwelgen: nett, aber egal.

Obwohl keine Sekunde bis hier hin tatsächlich schlecht ist, im Kontext seiner eigentlichen Entstehungsgeschichte vor I’m Losing Myself veröffentlicht wohl auch stimmiger eingeordnet hätte werden können, da Bogges erst später auf dem vorher veröffentlichten Erstling seines neuen Projektes die nötige Selbstsicherheit gefunden hat, wirkt Self Titled bis zu diesem Zeitpunkt wie die wahrgenommene Option, jene aktuelle Aufmerksamkeit zu nutzen, die An Isolated Mind in überschaubaren Kreisen über das Jahr 2019 zuteil wurde.
Dass aber durchaus essentielle Substanz im aufgefahrenen Material versteckt ist, wird in den letzten Metern auch überdeutlich. Sempervirens überzeugt als atmosphärischer Black Metal, dessen imaginativ abholende Gitarrenarbeit, das Händchen für Arrangements und die frischen Dynamiken zeigen, was Bogges an sich kann, während Moving Forward dort das Tempo drosselt, sich mit melancholischer Sehnsucht in einen gniedelnden Jam legt, der keinen Unterschied zwischen Post und Classic Rock macht und die Gedanken beinahe episch schweifen lässt. Es fehlen Self Titled also nicht die Vocals oder die Perspektiven, sehr wohl aber der Rahmen und die Konturen, um sich jenseits des fragmentarischen Stückwerks voll zu entfalten. Insofern wäre es vielleicht sinnvoller gewesen die vorhandenen Stück zu überarbeiten und an die mittlerweile hohen Standards von An Isolated Mind anzupassen. Als Fan von I’m Losing Myself will man die 33 + Minuten dieses Trabanten dennoch auch so nicht wirklich missen – selbst im verhassten Tape-Format.

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