An Autumn for Crippled Children – Only The Ocean Knows

von am 25. November 2012 in Album

An Autumn for Crippled Children – Only The Ocean Knows

Auch im dritten Jahr des konstanten Veröffentlichungsrausches überraschen die drei Norweger von An Autumn for Crippled Children mit Qualitätsware und kleinen Feinjustierungen an ihren atmosphärischen New-Wave/ Black Metal-Landschaften.

Der mit ‚Everything‚ im letzten Jahr marginal eingeschlagene Weg weg vom manischen Irrsinnstrip des Debütalbums ‚Lost‚ wird dabei auf ‚Only the Ocean Knows‚ konsequent fortgesetzt. Immer noch ist das tief drinnen pechschwarzer Black Metal mit Lo-Fi-Tendenzen, bestialischen Keifattacken und sägenden Gitarrenparts. Im dritten Anlauf aber schichten An Autumn for Crippled Children ihre sphärischen Synthieflächen noch anschmiegsamer auf, kehren die immer schon gegenwärtige, faszinierend bedrohliche Wohligkeit in ihren Kompositionen noch ein kleines Stück weiter in dem Vordergrund, lassen der bestechenden Schönheit, die ihre Musik inmitten all des infernalen Wütens immer wieder erzeugt, breiteren Raum zum gedeihen. Allein die heulende Gitarrenmelodie im Opener ‚Past Tense‚  empfängt mit einer betörenden, hypnotischen Faszination und in Summe ist ‚Only the Ocean Knows‚ auch das bisher bekömmlichste Album der Band geworden, ihr zugänglichstes geradezu.

Einerseits, weil die Niederländer ihren theoretisch kruden, praktisch aber unheimlich einnehmenden Stilmix noch weiter verdichtet haben, diesmal in 39 Minuten und acht Songs ans Ziel gekommen sind. Andererseits auch, weil An Autumn for Crippled Children ganz bewusst an den Grenzen der Genrekonventionen wüten: ‚Past Tense‘ ist Wave-Rock aus der Perspektive von Black-Metallern. ‚Uncureable‘ geht den selben Weg, in dieser getriebene Manier bewegt sich dort jedoch schon fast das Tanzbein, während das abschließende ‚The Rising Tide‚ als kristallisierender The Cure-Verneigung sich zum Ende hin flächig ausbreitet, aus ‚Yes I Know…Love and Death…Always‚ hätten andere Musiker vielleicht ein zweites ‚Clocks‚ (tatsächlich ein Coldplay-Vergleich an dieser Stelle!) zu formen versucht, nicht nur wegen der sehnsüchtigen Pianotupfer, die der nach vorne preschende Song mit sich führt. Wenn Sänger MXM nicht seinen verzweifelten Schreigesang entfesselt, hat die ätherisch-rockende Synthielandschaft ‚This Garden These Trees‚ gar etwas hoffnungsvolles, so aber ist es wieder vertonte Deppression, ‚In February‚ und den Titelsong werden sich besonders Hargesottene Gemüter trotzdem als Gute-Nacht Musik anhören.

Und anmerken, dass ‚Only the Ocean Knows‚ ja auch wirklich ein geradezu ruhiges Album der Band geworden ist, es strotzt darüber hinaus vor prägnant pulsierender Bassmotive und gefinkelten Rhythmusarbeiten, welche die neue Zugänglichkeit zusätzlich hilfreich unterfüttern. Was macht es da schon, dass An Autumn for Crippled Children damit mutmaßlich weniger tiefschöpfende Entdeckungsreisen in ihre diffus-kranke Soundwelt bieten, aus ‚Only the Ocean Knows‚ nicht derartig erschöpft und ausgelaugt entlassen wie aus den Vorgängern – wenn man dafür wieder Fanschichten von Blut aus Nord (immer noch „härter“) bis Alcest (immer noch „atmosphärischer“) vereinen kann, trotzdem wie niemand anders da draußen klingt und dazu Material in der Tasche hat, das die Band über den Status der Nieschensensation hinweg hieven könnte, sollte und auch müsste.

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