Alphanumeric – Condemnation of Memory

von am 15. Juni 2019 in EP

Alphanumeric – Condemnation of Memory

What better time to produce pissed, contemptuous grind core…„: Der Einstand von Alphanumeric ist vorerst nahezu alleine deswegen erwähnenswert, weil Paul Pavlovich mit Condemnation of Memory seine neue Band aus Genre-Experten vorstellt.

Pavlovich war bekanntlich (zumindest eine zeitlang) Sänger und Texter der Szene-Legende Assück und seit seinem Ausstieg 1992 mehr oder weniger aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Warum das schade und seine Präsenz unersetzlich ist, führen die 8 Minuten (respektive 6 Songs) von Condemnation of Memory eindrucksvoll vor: Das Organ des 49 Jährigen ist einfach enorm markant und identitätsstiftend, macht selbst nach all den Jahren mit seinem enorm räudigen, röchelnden Gebrüll garstigen Druck und aggressiven Dampf. Ähnlich wie bei Keith Morris im Off!-Kontext tut es einfach verdammt gut, Pavlovich und seine giftige Energie wieder zu hören. Auch weil er immer noch weiß, wie man die Fäden in der Hand halten muss.

Was seine dahinter stehende Band so nur bedingt für sich reklamieren kann – obwohl auch sie genau weiß, welche Hebel zu bedienen sind. Immerhin haben die drei mekellos arbeitenden Instrumentalisten allesamt einen arrivierten Genre-Hintergrund und namhafte (Ex-)Kombos im Portfolio: Criss Messina (Swamp Gas) an der Gitarre, Lee Fisher (u.a. Commit Suicide) am Schlagzeug und Josh Gibbs (u.a. Swamp Gas, Solstice) am Bass bürgen für eine tighte Performance.
Umso enttäuschender allerdings, dass sich die Band vor diesem Hintergrund und geteiltem Konzept („ALPHANUMERIC is an incendiary device activated by the wretched machinery of modern human abjection. CONDEMNATION OF MEMORY is a document of melancholy and anger. An aching realization that we have doomed our children…And their children.„) auf relativ standardisierten Grindcore der alten Schule geeinigt hat, der sowohl soundtechnisch als auch kompositionell mit sehr solider Routine wenig Neues zu erzählen hat. Condemnation of Memory ist kräftig austeilend, aber ohne Profil; stimmungsvoll finster zum Crust schielend, aber zu generisch austauschbar. Ein gefundenes Fressen für Fans von Napalm Death über Discordance Axis bis Neolithic – aber vom Songwriting her eben nicht so stark wie etwaige Referenzen.

Nur selten (und eigentlich erst spät) gelingt es Alphanumeric inmitten gleichförmiger Baukastenriffs und der hauseigenen, kaum Dynamik kennenden Produktion Akzente zu setzen: Hands of the Diplomat ist ein tackernden Ringelspiel, das mit seinen „children’s fingers“ einprägsam festsetzt, während Spite House fast schon catchy strukturiert ist und die halluzinierend-rezitierenden Spoken Word-Passagen von Ash Wiliams konterkarieren, bevor der Titelsong seine Vocals in den hallenden Loop schickt – in den besten Fällen geht hier doch einiges.
Wie oft man zu Condemnation of Memory im Gesamten ungeachtet seiner Kürze zurückkommen wird, sei jedoch trotz Pavlovich in Frage gestellt. Dass man Alphanumeric vorerst ausschließlich wegen ihm am Auge behalten wird allerdings nicht.
(Und bei der Gelegenheit übrigens auch das zeitgleich gestartete Label Roman Numeral von Pavlovich: „The idea is that Roman Numeral is equal parts record label and design project. It will be the means to release music and present it in a way that no detail is overlooked.„)

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