Alison Mosshart – Sound Wheel

by on 18. August 2020 in Sonstiges

Alison Mosshart – Sound Wheel

Alison Mosshart bleibt am Solo-Steuer: Nach ihrer (hierfür nicht maßgeblichen) Single Rise wagt die The Kills– und Dead Weather-Frontfrau allerdings den U-Turm und lässt mit Sound Wheel ein unausgegorenes Spoken Word-Album folgen.

Als Companion Piece zu ihrem aus Gedichten, Kurzgeschichten, Malereien und Fotografien bestehenden Buch Car Ma deklariert Mosshart Sound Wheel ganz klar als romantische Perspektive auf „cars, rock n’ roll, and love”. Die 47 Stücke drehen sich „about America, performance, and life on the road. They’re about fender bender portraiture, story tellin’ tire tracks, and the never-ending search for the spirit under the hood“.
Man sollte insofern nicht davon ausgehen, dass Rise ein adäquater Vorgeschmack auf die hier versammelten 50 Minuten war. Selbst Returning the Screw, praktisch potentiell die ausnahmsweise gesungene Demo zu einem dieser kantig Kills-Blues-Skelette, ist als Auskoppelung eine falsche Fährte, weil ausgerechnet die nominellen Interludes mit betont schräger Attitüde noch am ehesten entfern an Song-Ahnungen vorbeischrammen.

Viel eher kurvt Mosshart das Sound Wheel lose in den Händen durch einen wahllosen Clusterfuck aus fragmentarischen Szenen, der zwar inhaltlich einem roten Faden folgen mag, dabei aber alleine dadurch wie ein willkürlich anmutendes Sammelsurium anmutet, weil Lautstärke, Aufnahmequalität und vor alem das Panorama permanent zerschossen wechseln; das Kopfkino über eine mit allerhand inszenatorischem Schnickschnack ablenkenden, zu bemüht und mitunter gar dilettantisch anmutenden Collage nicht in die Atmosphäre eintauchen kann.
Dass weniger manchmal mehr sein kann, hat in dieser Schiene ja Lana Del Rey erst unlängst bewiesen (zumal sich die beiden Musikerinnen ästhetisch durchaus an einer ähnlichen Nostalgie laben), doch Mosshart will dezidiert keine einheitliche Linie, zu viel Pseudo-Variabilität.
In Pink Whip lässt sie ihre Rezitation etwa über ein Megaphon gedoppelt im Hintergrund der Nummer zusätzlich abspielen, Last Pack of Holy Smokes wird mit nervigem Gebrabbel ausstaffiert. Salt Lake City Drag schrammelt abgedämpft und ziellos, in Louisiana singt Mosshart fahrig durch das Ambiente und Around and Around jagt ihre Stimme durch einen holprigen Computer. Auch der Dialog The Electric Sads nutzt nervigen Stimmverzehrer und das auch inhaltlich absolut verzichtbare Mindfield simuliert ein auf Anrufbeantworter gesprochenes Verkaufsgespräch. Dass gerade derartige Stücke weit über 3 Minuten gehen, während Mosshart anderswo nur Sekunden verweilt, ist eigentlich egal – emotional in irgendeiner Form ergreifend ist das alles nicht.

Das extrem episodenhafte Wesen, das auch nicht als kaleidoskophaftes Mosaik schlüssig wirken möchte, weil keine der Entscheidungen auf präsentatorischer Ebene die poetische Seite unterstützt, voranbringt oder gar intensiviert, nagt viel mehr enervierend an den Nerven.
Zumal vergangene Reflektionen wie Sunday Style in der Luft hängend ohne tatsächlichen Erkenntniswert hängen lassen: Mosshart erinnert sich hier, dass auf den WCs jener Autoshops, bei denen sie während ihrer Kindheit bei festähnlichen Aktionstagen war, Bilder spärlich bekleideter Frauen zu sehen waren – entlässt mit dieser durchaus imaginativ ausgebreiteten Geschichte im Kontext aber ohne Konklusion, lässt im Raum stehen, wirkt eher orientierungslos, als dass dem Rezipienten eigene Schlüsse wichtig wären. Aha, so war das? Nette Geschichte, und jetzt? Eigentlich egal.
Grundlegend gilt aber: Sitzt der Fokus derart bildreich, wie auch beispielsweise wenn Mosshart in The Distance nur ihre Stimme, die Intonation und das Erzählen, in der Vordergrund gibt, ist das (auch ohne plotgetriebenes Narrativ) durchaus einnehmend und fesselnd.
Weswegen sich aus Sound Wheel auch ein stimmungsvolles Werk hätte destillieren lassen – mit einer puristischeren Herangehensweisen, einer weniger auslaugend-mäandernden Spielzeit. Selbst als Fan mit einer adäquat wankelmütigen Aufmerksamkeitsspanne wird man zu dieser sprunghaften, für sich selbst stehend kaum funktionierenden Platte, die Mosshart hier und da fälschlicherweise zur Beat-Poetin vom Schlage einer Patti Smith verklärt, (vor allem in seiner Gänze) nur selten – richtiger wohl: niemals – zurückkehren.

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