Algiers – Can the Sub_Bass Speak?
Als Interims-Standalone-Single vor der kommenden Tour machen Algiers sich erst einmal mit einem „message to my haters„-Track Luft: Das multimediale Can the Sub_Bass Speak? überrascht als Konter im Spannungsfeld aus Free Jazz und Spoken Word über einer zitatfreudig-kakophonischen Soundcollage.
Eine verdammt unkonventionelle, nur schwer zu kategorisierende Band waren Algiers ja immer schon, den einfachsten Weg hat das Quartett gefühltermaßen nie anvisiert. Auf den Karriere-Boost The Underside of Power (2017) folgten bisher jedenfalls erst einmal nur auf Nebenkanälen so sperrige Spezialistenprogramme wie die EPs September 2017 und 1st November 1954, an denen man sich als Fan ohne die nötige Aufgeschlossenheit offenbar verschlucken konnte.
Zumindest scheinen sich Algiers mit ihrer Unberechenbarkeit nicht nur Freunde gemacht zu haben, weswegen sie nun auch auf ansatzlosen Konfrontationskurs mit zu stereotyp dogmatisierenden Kritikern und Hatern gehen, gerade die Review der zweiten Studioplatte von Pitchfork mit beißendem Zynismus paraphrasieren – und dies eben wieder auf eine Art und Weise tun, die das Auftreten von Algiers nicht konventioneller machen: „Can the Sub_Bass Speak? is a frustrated regurgitation; a re-contextualization; a re-appropriation; a shield and a mirror that projects back onto the world a lifetime of interpellating language rooted in weaponized ignorance and supremacist privilege„.
Stammes- und Gospelgesänge schweben gleich zu Beginn von Can the Sub_Bass Speak? kaum definierbar durch den Hintergrund, immer wieder scheinen Karambolagen aus zitternden Beats oder gar zitierende Ahnungen von Afrika Bambaataa oder Migos aufzublitzen, bilden einen durchaus noisigen, nicht leicht verdaulichen Clash, produziert von Randall Dunn und Ben Greenberg (Uniform).
Darüber schwadronieren Saxophonschwaden (von Skerik Sin Carne) exaltiert die Improvisation bedrängend, dahinter im Mix scheppert strukturoffen im fiebrigen Jam das Schlagzeug – an dem hier D’Vonne Lewis sitzt. Alleine die personelle Unkonventionalität der Band bleibt also aufregend. Im Epizentrum kurbelt jedoch einmal mehr Frontmann Franklin James Fisher, diesmal eben als skandierender Spoken Word-Poet in der Tradition von Saul Williams. Wo er zuerst relativ kontrolliert rezitiert, wird seine Rede phasenweise immer hitziger und aufgebrachter, findet dann seine Contenance wieder und tritt einen Schritt zurück.
Die überragenden Texte sind dabei wütend, aber nicht blind attackierend, sondern auf den Punkt gebracht und gewitzt, schlau, unnachgiebig wie im Rausch, pointiert und auch immer wieder verdammt witzig. Nahezu jede der großartigen Zeilen wäre zitierenswert, während die Energie der Nummer stets hoch bleibt, das Chaos nicht willkürlich, sondern eher dringlich anmutet, der Rage-Modus keine stumpfen Plattitüden benötigt.
Die konsequente Hingabe und detaillierte Akribie der Band nimmt jedenfalls leidenschaftlich faszinierend mit, weckt die Lust auf Mehr, auch wenn man dem (letztendlich aufgrund der Kurzweiligkeit fast schon zu kompakt verpackten) speziellen Brimborium eher mit einer neugierigen, aufmerksam interessierten Distanz folgt. Und all den negativen Vorwürfe und Unterstellungen, die Algiers augenscheinlich provozieren, irgendwo mit Ungläubigkeit gegenübersieht. Wenigstens das kreativ kaum zu bändigende Quartett selbst resigniert allerdings nicht.
2 Trackbacks