Alexis Taylor – Await Barbarians

von am 11. Juni 2014 in Album

Alexis Taylor – Await Barbarians

Wenn es noch irgendwelche Zweifel daran gab wer der hemmungslose Romantiker mit dem Soulpop-Herzen bei Hot Chip ist, dann räumt ‚Await Barbarians‚ diese endgültig aus.

Nobody knows what I need“ singt Alexis Taylor hinter geschmeidigen Talk Talk-Veweisen und einer halluzinogen-eckig schrammelnden Gitarre in ‚From The Halfway Line‚ und wird in weiterer Folge auch nicht zur eindeutigen Aufklärung beitragen: auf ‚Await Barbarians‚ schlagen zumindest zwei Herzen in der Brust des Londoners, die sich über 12 Songs fließend den Vordergrund teilen. Einerseits ist da die Liebe zu vage geflochtenen Songskizzen, die so auch Mark Hollis die eine oder andere Träne durchs Knopfloch gedrückt hätten: da singt Taylor Oden ans Immunsystem über leise pluckernde Ambientflächen (‚Immune System‚),  bastelt in ‚Closer To The Elderly‚ eine betörende schimmernde Keyboardnummer und entwickelt das Klassik-geschulte Klavierinterlude ‚Piano Ducks‚ zur E-Piano-Elegie ‚New Hours‚ weiter oder begnügt sich damit das präsente Tasteninstrument wie in ‚Lazy Bones‚ verschwimmen zu lassen. Hier setzt Taylor vor allem auf Atmosphäre, kleine Gesten und jene Art von Zugänglichkeit, die all jene begeistern könnte, die in ‚Impersonator‚ einen zeitlosen Geniestreich erkannt haben.

Zum anderen transkribiert Taylor sein Gespür für Melodien allerdings vereinzelt auch deutlich handfester in wunderbare Popkleinode: mit ‚Without A Crutch (2)‚ gelingt ihm eine superknuffige Singalong-Schunkelnummer mit Banjo, „Lalala„’s und Dylan-Mundharmonika, während das ballasdeske ‚Dolly and Porter‚ sanftmütig zum Kaminfeuer schlapft und ‚Elvis Has Left The Building‚ als zartschmelzende Synthiepopnunmer in die Arme nimmt. Das sind dann unaufdringliche kleine Ohrwürmer ohne Hast, angenehm plätschernd und auch deutlich fokussierter agierend als die flächigeren Songs der Platte. Taylor schafft da wie dort eine wärmende Stimmung der Intimität, reflektiert das eigene Älterwerden auf nachdenkliche Weise: „The older I get the younger I seem to be/The older I get the closer I feel to the elderly“ heißt es dann etwa, oder „Who will be there after we’re gone/I know I’m here now but others have marched on“ – es gibt praktisch keinen Moment auf ‚Await Barbarians‚ der ohne Wehmut auskommt.
Generell gilt deswegen: seine Ziele sind Taylor im homogenen Wechselspiel vielleicht selbst nicht eindeutig klar – was der Hot Chip Mitdenker momentan aber offenbar definitiv nicht braucht, das sind die tanzbaren, partytauglichen Beats seiner Elektro-Stammband. Dabei wären zahlreiche Momente von ‚Await Barbarians‚ mit einem Joe Goddard’schen zwingenderen Zug zum Tor wohl durchaus noch strahlender geraten – zumal der bärtige Tanzbär Taylor sicher auch unnötige Extrarunden wie die marginal geänderte Zweitversion ‚Without A Crutch (1)‚ am Plattenende ausgeredet hätte. Ob im kongenialen Kontext seiner Langzeitpartner allerdings derartige Schönheiten wie der elegant-ergreifende The XX-Seelenstreichler ‚Am I Not A Soldier?‚ überhaupt möglich gewesen wären bleibt dahingestellt. Alleine deswegen darf man sich über ‚Await Barbarians‚ insgeheim durchaus herzlicher freuen als über die letzten Hot Chip-Veröffentlichungen.

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