Alcest – Les Voyages De L’Âme
von Oliver am 19. Januar 2012 in Album
Neige schwebt weiterhin über den Black Metal Dingen. Dass er Alcest auf dem dritten Album stellenweise knapper als je zuvor am Kitsch vorbeischrammen lässt, macht die Sache eigentlich nur noch schöner.
Die Gitarren hallen sauber aus anderen Welten himmelsstrebende Melodien zu, die Synthesizer verdichten den Ambientsound zu erhabenen Klangkonstrukten. Black Metal erlaubt sich hier beinahe ein „Post“ vor die Genrebezeichnung zu stellen und Alcest Mastermind Neige versteht die Extreme als Ausdrucksform einer weltfremden Losgelöstheit: Selbst wenn in ‚Là Où Naissent Les Couleurs Nouvelles‚ der keifende Schreigesang aus dem Hintergrund auftaucht, hat das in erster Linie die Essenz purer Schönheit in sich. ‚Les Voyages De L’Âme‚ schreitet den bekannten, auf ‚Souvenirs d’un autre monde‚ begonnenen und auf ‚Ècailles de Lune‚ verfeinerten Weg fort, vereint weitläufige Melodielinien mit Neige´s traumverlorenem Gesang, der nicht nur aufgrund der sprachlichen Bariere als weiteres Instrument verstanden werden kann und muß. ‚Beings Of Light‚ gerät so trotz bestialischen Schlagzeugspiel zur zärtlichen Songwiege: Wieder sind klassische Black Metal Bands vor allem ästhetische Referenzen, Blastbeats finden selten und nur im dichten Klangnebel statt, musikalisch wird der Bogen von Sigur Rós über Opeth und Katatonia bis hin zum Shoegaze gespannt: Eine Selbstverständlichkeit im Alcest Sound.
‚Les Voyages De L’Âme‚ steckt die Grenzen im Alcest Universum Grenzen keineswegs um, vermisst diese jedoch neu. Neige bringt die Songs knackiger auf den Punkt, polliert den Gesamtsound dezent und schlichtet sein transzentales Musikerlebnis sauberer geordnet um. Gibt sich exzessiver den so markant weitschweifenden Passagen hin, die scharf am Kitsch vorbeischrammen und im Grunde nach Videos mit losgelöster Kameraführung weit über dem Erdboden verlangen. Der Opener ‚Autre Temps‚ gönnt sich diesbezüglich einen gar zu gewagten Ausritt und übertritt dann doch nur videoästhetische Geschmacksgrenzen.
Es ist das „eigentlich zuviel des Guten“, dass Alcest auch auf ‚Les Voyages De L’Âme‚ wieder so unnachahmlich umreissen und dabei abermals ein intensive, atmosphärisch unheimlich dichte Klangreise entwerfen, die in seiner majestätischen Uferlosigkeit unerreicht ist. Treffender hätte ‚Les Voyages De L’Âme‚ nicht betitelt werden können, erfüllender die „Reisen der Seele“ nicht ausfallen können. Alcest musizieren längst nicht mehr nur in einer eigenen Liga, sondern in vollkommen anderen Sphären.
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