Alain Johannes – Hum

von am 30. Juli 2020 in Album

Alain Johannes – Hum

Zehn Jahre nach seinem Solodebüt Spark (und mittlerweile über drei Dekaden lang unübersichtlich-ausufernd Crediteinträge in allen erdenklichen Alternative Rock-Platten sammelnd) legt Multiinstrumentalist Alain Johannes mit Hum wieder ein psychedelisch angehauchtes Singer-Songwriter-Folkalbum unter eigenem Banner vor.

Ein untrüglicher Eindruck, den die versammelten 38 Minuten in ihrer assoziativen Wirkung absolut schärfen, ist, welche einflussreichen und prägenden Spuren  die Arbeiten von Johannes auf all den unzähligen Platten, an denen er beteiligt war – von PJ Harvey über Jimmy Eat World, Mark Lanegan, Chris Cornell, Arctic Monkeys bis natürlich zu den Queens of the Stone Age – hinterlassen haben: Seine dort stets zweckdienlich ohne subversiv unterstützende Handschrift kommt auf Hum ungefiltert zum Tragen.
Was die Platte dann allerdings auch unterstreicht (und vor allem keinesfalls zukünftig ändern wird), ist, warum Johannes eher im Hintergrund agiert, als im Rampenlicht wahrgenommen zu werden: Hum ist eine gute Songsammlung, dezent nuanciert und geschickt akzentuiert, in einer latenten Nostalgie sogar ein gutes Stück weit zeitlos, atmosphärisch und ohne Ausfall auskommend. Sie ist dabei allerdings auch selten wirklich packend und in überschauberem Ausmaß mitreißend.

Mermaid’s Scream setzt als sparsames Geklampfe mit seinen wunderbar diffusen Arrangements (nicht nur hier die heimlichen Stars der Platte!) im leicht halluzinogenen Nebel irgendwo zwischen David Bowie und allem, was Josh Homme von Johannes lernen konnte, die ästhetische und stilistische Klammer, aus der später nur Nine auf seinem elektronischen Darkwave-Beatgerüst im Synthiegewand herausfallen wird – bezeichnenderweise aufgrund der hartnäckigen Hook auch das am zwingendst hängenbleibende Stück von Hum.
Ansonsten serviert Johannes im Titelstück fingerpickenden Folk, als hätte Jackson C. Frank den Sound von A Moon Shaped Pool für sich entdeckt, das tänzelnde Hallowed Bones wird von der leichten Rhythmik einer Tabla- und Marimba-Luftigkeit begleitet, Here in the Silence dagegen von herrlich schiefen Flötenimitationen, während Someone bittersüße Harmonien bietet und If Morning Comes als Kontrast elektrifiziert brutzelnd wie ein Desert Sessions-Trip anmutet. Das friedvolle Free mäandern zu lange, wohingegen der düster schrammelnde Americana von Sealed trotz längerer Laufzeit ein verwegen noisig-kaputtes Solo als Pointe zu bieten hat und das Sitarspiel von Finis als indische Exotik die zwischen den Zeilen liegende Psychedelik noch einmal hervorkehrt – und in Erinnerung ruft, dass Johannes tatsächlich noch gar nicht mit The Coral gearbeitet hat.
Würde man Hum unter Wert verkaufen wollen, könnte man dahingehend weiterleiten, dass der geborene Chilene nach überstandener Krankheit wohl keine bessere Platte aufnehmen hätte können, die als Visitenkarte für zukünftige Aufträge des ebenfalls chronisch unter Wert verkauften Alain Johannes herhalten kann.

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