Agoraphobic Nosebleed – Arc
Im 21. Bandjahr hat Scott Hull’s Drum-Machine-Grindcore-
Den Anfang einer in der Releasereihe macht dabei ‚Arc‚ – und hält mit Überraschungen nicht hinter dem Berg: 3 Songs in 28 Minuten, die sich im Sludge und gasgebenden Doom weitaus wohler fühlen, als in den gewohnt angestammten Sekundenbruchteil-Grindcore-Gefilden, die man von Agoraphobic Nosebleed erwarten würde. Womit diese erste von insgesamt vier anberaumten Veröffentlichungen auch ein Konzept installiert: Jede EP orientiert sich genretechnisch an den Vorlieben eines jeweiligen Bandmitglieds; ‚Arc‚ eben an den heruntergestimmten Slo-Mo-Walzen, denen Katherine Katz ähnlich geartet bereits mit den unvergesslichen Salome frönte.
Agoraphobic Nosebleed geben sich dabei nicht mit halben Sachen zufrieden, sondern verschreiben sich der stilistischen Frischzellenkur mit Leib und Seele, schlüpfen mit einer solchen Konsequenz in die ungewohnte Haut, dass durchaus zahlreiche Charakteristika der bisherigen Bandgeschichte abgestreift werden (Blastbeats sucht man etwa ebenso vergeblich wie rasend geschichtete Gitarrenabfahrten). Dennoch gelingt das Experiment auf ‚Arc‚ beachtlich: nicht alle Augenblicke hier können mit einer anstandslos originären Unverkennbarkeit auftrumpfen, dafür aber mindestens mit einer beeindruckend routinierten Effizienz und Zielgenauigkeit: Agoraphobic Nosebleed steht das gedrosselte Tempo ganz ausgezeichnet, die entschleunigt malmenden Gitarren, der sumpfige (aber toll akzentuierte!) Sound, das ungeheztere und reduziertere Songwriting.
Das verhältnismäßig flotte ‚Not A Daughter‚ wird angezogen von einer böllernden Riffarbeit in erdbebender Southern Metal/ NOLA-Heftigkeit (Scott Hull ist einfach ein universeller Meister der bösartigen Gitarrengiftigkeit!), die Drum-Machine klingt vielleicht noch organischer als sonst und der schabende Bass bremst das Geschehen irgendwann gar bis hinunter in Stoner-Schleppereien. Goatsnake und Konsorten würden den Gesang wohl nicht derart angepisst hinausbrüllen wie die sich in diesen Gefilden wunderbar brutal, misanthropisch und gefoltert entfaltende Katz es tut – ansonsten headbangt sich die Nummer aber anstandslos in deren Hoheitsgebiete.
Ein entgegenkommender Einzug, denn ‚Arc‚ zieht die Daumenschrauben danach noch einmal bestialischer und garstiger an. ‚Deathbed‚ klingt erst wie ein durch den Fleischwolf gejagtes Update zu ‚Iron Man‚, peinigt seinen Klangkörper dann entlang gutturalen Grölens und sich unzähmbar windender Riffs durch ein Tal aus elendsliebenden Sludgemalträtierung, bevor Agoraphobic Nosebleed plötzlich aus der walzenden Zähflüssigkeit ausbrechen und den Morast mit Electric Wizard‚esken Riffs antauchen und gleichzeitig entspannt zurücklehnen: Großes Kino mit präzise ausgetüftelt programmierten Schlagzeugspuren.
Der Übergang zum abschließenden Monstrum ‚Gnaw‚ funktioniert dann nahtlos, wie ‚Arc‚ im Gesamten erstaunlich homogen seine Wurzeln ausschlägt: niemals erzwungen aus dem Fenster gelehnt, sondern stets absolut natürlich herangewachsen. Die jederzeit deutlich nachwirkenden Einflüsse von Black Sabbath, Melvins oder Eyehategod kulminieren so in einem 10 Minuten an stoisch den Finger in die Wunde drückenden Berseker-Sludge, heavy as fuck, nihilistisch und böse, unberechenbar und exzessiv. Ein gar nicht so abwegiger Gedanke, der da also schlußfolgernd im Netz kursiert: „Damn Scott should have replaced Kirk in Down!“ – würde hiernach tatsächlich absolut nicht abwegig erscheinen.
So faszinierend und kurzweilig dieser Sog bis hierhin dann aber auch bereits sein mag: ebenso spannend ist aus aktueller Sicht auch, in welche Bahnen das vierteilige Projekt die erstaunlich wandelbar agierenden Agoraphobic Nosebleed 2016 wohl noch lenken wird.
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